Am stärksten verteuerte sich das billigste russische Benzin (Sorten A-76, AI-80). Dessen Preis stieg allein im letzten Monat um 16,7% an. Das schlägt auf die Verbraucherpreise insgesamt durch. Diese verteuerten sich seit Jahresbeginn um durchschnittlich 21,8%.
Grund für das Auseinanderdriften der Preise ist die Krisenpolitik des Landes. Wegen des Krim-Konfliktes und der Sanktionen wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) auch 2015 sinken – um voraussichtlich 4%. Der Handel mit der Eurozone schrumpft gewaltig (FB vom 23.7.) Hinzu kommt ein massiv gefallener Rubel.
Um die wirtschaftlichen und fiskalischen Defizite auszugleichen, exportiert Russland so viel Öl und Gas wie möglich. Um diese Exporte zu fördern, wurden sogar die Steuern auf Öl-Exporte gesenkt. Allerdings sind diese Geschäfte gerade wegen des geringeren Weltmarktpreises und des schwachen Rubels nicht mehr so einträglich. Dieser Steuerausfall im Export wird durch Steuererhöhungen für Produzenten im Inland eingefangen. Die Kosten für Benzin-Produzenten kletterten deshalb allein innerhalb eines Monats um 10,5%, so das Statistikamt Rosstat.
Das veranlasste Michail Leontjew, den Vize-Präsidenten des Mineralölunternehmens Rosneft, sogar dazu, ein Benzin-Defizit für Russland zu prognostizieren. Dieses Szenario wird allerdings sowohl aus Kreisen des Ostausschusses sowie von Experten der Internationalen Energie-Agentur beiseite gewischt. Diese Spekulationen seien unbegründet. Hinter der Prognose stehe vielmehr ein innerrussischer Unternehmenswettbewerb zwischen Rosneft und Lukoil. Denn die Steuern wurden insbesondere für alte Raffinierien erhöht – und die werden mehrheitlich von Rosneft betrieben. Außerdem sei ein Benzinengpass, wenn überhaupt, nur bei der Sorte EURO 5 denkbar, so die Energieagentur. Hintergrund: Die russische Regierung will Benzin höherer Qualität in den Markt drücken. Dafür sind modernere Raffinerien nötig. Ältere werden daher steuerlich nicht so begünstigt wie modernere Anlagen.
Fazit: Obwohl Russland an der Quelle zu Öl und Gas sitzt, profitiert es im Inland nicht davon. Die Abhängigkeit des Haushalts von Rohstoffexporten macht das Land nach innen anfällig. Diese Situation wird sich angesichts der nach unten gerichteten Ölpreisentwicklung in den nächsten Monaten eher noch verschärfen. Die russische Konjunktur wird es schwer haben, sich von innen heraus zu stabilisieren.