Unsensibel gegen steigende Preise
Alle haben Angst vor steigenden Energiepreisen. Was große Teile der Wirtschaft betrifft, ist die Sorge übertrieben.
Das Gros der deutschen mittelständischen Unternehmen würde selbst eine Verdopplung der Energiepreise verkraften. Nicht einmal ein Drittel (28%) würde in diesem – sehr unwahrscheinlichen Fall – keine Gewinne mehr erzielen. Der Grund: In acht von zehn Unternehmen betragen die Energiekosten höchstens 10% vom Umsatz. Vielfach sind es nicht einmal 5%. Würden die Energiepreise um 100% steigen, würde die Umsatzrendite im Schnitt der Unternehmen von aktuell 6% auf 4% sinken. Wie anfällig Mittelständler gegenüber steigenden Energiepreisen (Gas, Öl, Kohle, Strom und andere Energiequellen) sind, hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) berechnet. Schlechter dran wären aber große Mittelständler mit Energiekostenanteilen von über 10%. Dort schmälern bereits 10% Energiepreissteigerungen die Umsatzrendite von derzeit 5 auf 4%. Würden die Preise um 50% gemessen am aktuellen Niveau steigen, sänke die Rendite auf null. Am stärksten betroffen wäre das Verarbeitende Gewerbe. Dieses Segment steht in einem hohen internationalen Wettbewerb und kann kaum Kosten an die Kunden durchreichen. Allerdings sind so gravierende Energiepreissteigerungen unserer Meinung nach unwahrscheinlich. Aktuell sinken die Ölpreise aufgrund wachsender Förderung in den USA. Auch die Energiewende trifft bisher kaum große Industrieunternehmen. Sie können von den Großhandelspreisen auf den Strommärkten profitieren. Auch die Sanktionen gegenüber Russland haben kein hohes Preissteigerungspotenzial im Energiebereich. Bisher treffen sie nur den Ölsektor. Öl-Einfuhren sind einfacher zu ersetzen als Gaslieferungen. Die Energieversorgung der deutschen Industrie ist zu 13% auf die Gaseinfuhren aus Russland angewiesen. Das schlimmste, aber ebenfalls äußerst unwahrscheinliche Szenario wäre ein vollständiger Gas-Lieferstopp durch Russland. Die Konsequenzen für die Energiepreise insgesamt sind jedoch nicht seriös zu ermitteln. Nicht zuletzt gebe es in der Wirtschaft immer noch ein hohes Energie-Effizienzpotenzial, meint die KfW.
Fazit: Die Angst vor steigenden Energiepreisen ist in aller Munde. Doch ist sie für weite Teile der Wirtschaft übertrieben.