Verdrängungswettbewerb
Der Ölpreis bleibt unter Druck. Die OPEC-Länder beabsichtigen auf diese Weise, Marktanteile zurückzugewinnen.
Der Absturz der Ölpreise in den letzten Wochen von rund 105 Dollar/barrel auf unter 70 Dollar/barrel ist offenbar auf eine strategische Entscheidung der Golfstaaten zurückzuführen. Sie sehen das Öl eher als strategischen Asset. Und dieser muss entsprechend gemanagt werden. Die Potentaten am Golf sehen ihre Marktstellung durch die neue US-Förderung von Schieferöl und -gas bedroht. Sie setzen ihren Hebel bei der Schwachstelle der neuen Konkurrenz an, bei den (höheren) Kosten. Die Exploration der Schieferlager ist wesentlich schwieriger und ungenauer (riskanter) als bei den konventionellen arabischen Vorkommen. Daneben sind auch die direkten Förderkosten der neuen US-Vorkommen höher. Gelingt es den Arabern, die Preise unter die Schmerzgrenze der US-Anbieter zu drücken, könnten sie damit Marktanteile zurück gewinnen, lästige Konkurrenz vom Markt verdrängen und auf längere Sicht die eigenen Anteile wieder vergrößern. Die Internationale Energieagentur (IEA) nannte kürzlich eine Größe von etwa 42 Dollar/barrel für die Produktionskosten des Schieferöls aus dem wichtigsten US-Vorkommen in North-Dakota. Dies dürfte aber die Untergrenze sein. Zu anderen nordamerikanischen Vorkommen (einschließlich in Kanada) werden höhere Break-Even-Werte genannt. Sie reichen bis etwa 60 Dollar/barrel. Der vom niedrigen Preis ausgehende Druck scheint zu einer Konsolidierung der Branche in den USA zu führen. Dabei setzen sich die mit technisch besseren Verfahren arbeitenden Produzenten durch. Diese werden neben den Marktanteilen wohl auch die Quellen der schwächeren Produzenten übernehmen. Der Preisverfall wirkt auf unter Druck stehende Importländer wie ein kostenloses Konjunkturprogramm. Allerdings scheinen die Preise ihren Tiefpunkt schon überschritten zu haben.
Fazit: Ein weiterer Fall der Preise scheint derzeit kaum wahrscheinlich. Allerdings ist auch kein Auslöser für eine Rückkehr zu den alten Niveaus erkennbar. Sollte es dabei bleiben, dürften vor allem einige Emerging Markets von der Entlastung profitieren.