Der Dollar schwächelt, der Euro wird mutiger
In den aktuellen Währungsprognosen zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Banken. Die Commerzbank rechnet sowohl auf 3- als auch auf 12-Monatssicht mit einem stabilen EUR/USD-Kurs von 1,09. Begründet wird dies kurzfristig mit einer Fehlbewertung der Märkte hinsichtlich früher US-Zinssenkungen, mittelfristig mit möglichen politischen Eingriffen unter einem potenziellen Präsidenten Trump, der den Dollar schwächen könnte.
Deutlich optimistischer zeigt sich CIBC: Sie erwarten eine generelle Schwäche des US-Dollar in den kommenden Quartalen. Die Gründe liegen in einer sich abschwächenden US-Konjunktur, zunehmenden fiskalischen Risiken und einem schwindenden Vertrauen in die US-Exzeptionalität. Sie sehen den EUR/USD bis Jahresende bei 1,12. Die größte Differenz zur Commerzbank liegt somit bei 3 US-Cent – das ist viel auf dem Devisenmarkt.
Yen im Spannungsfeld zwischen Fed und BoJ
Auch beim Yen offenbaren sich Divergenzen. Die Commerzbank bleibt für USD/JPY bei 149 (3 und 12 Monate) und verweist auf die hohe Zinsdifferenz sowie eine weiterhin expansive Politik der Bank of Japan. Pictet hingegen erwartet einen Rückgang auf 143 im zweiten Quartal, da die US-Zinsen nachlassen und der Yen als sicherer Hafen wieder attraktiver wird. Für das dritte Quartal wird sogar ein Rückgang auf 140 prognostiziert – eine klare Abkehr vom Commerzbank-Szenario.
Ähnlich argumentiert CIBC: Der Yen könne vom schwindenden US-Ausnahme-Status profitieren, zumal auch die BoJ 2025 einen ersten Zinsschritt machen könnte. Diese Aussicht macht den Yen potenziell attraktiver für Investoren – auch wenn die Bank of Japan bisher zögert.
Zinsprognosen: Europa vor der Lockerung
Im Euroraum erwarten die meisten Häuser eine weitere Zinssenkung durch die EZB. Die Commerzbank geht von einem Rückgang des Einlagensatzes von derzeit 2,5 % auf 2,0 % bis Mitte 2025 aus – dies spiegelt sich auch in ihrer Prognose für den 3-Monats-Euribor wider. Bei den langfristigen Zinsen rechnet sie mit einem Anstieg auf 3,1 % in 12 Monaten, getrieben durch höhere Schulden und steigende Staatsausgaben.
Pictet sieht eine steilere Zinsstrukturkurve, ausgelöst durch massive Infrastrukturausgaben und geopolitisch motivierte Verteidigungsausgaben. Auch hier wird ein Rückgang der Leitzinsen auf 2,0 % angenommen, bei gleichzeitiger Zunahme der Renditen langlaufender Bundesanleihen. Die Richtung ist gleich, doch Pictet betont stärker den strukturellen Umbruch in der EU-Fiskalpolitik.
USA: Zinssenkung ja – aber wann?
In den USA herrscht Uneinigkeit über Tempo und Ausmaß der geldpolitischen Lockerung. Die Commerzbank erwartet zwei weitere Zinssenkungen der Fed à 25 Basispunkte bis Anfang 2026. Daraus ergibt sich eine Prognose von 4,0 % für die 3-Monats-Zinsen in 12 Monaten. Bei den 10-jährigen Treasuries geht sie von einem Niveau von 4,5 % aus – trotz beginnender Lockerung, aber wegen hoher Inflation und Haushaltsdefizite.
CIBC teilt die Skepsis gegenüber einer aggressiven Lockerung. Zwar sieht sie schwächere Konjunktursignale und fallende Aktienkurse als Vorboten, doch sie betont auch die Unsicherheit über den Zeitpunkt und die Tiefe möglicher Zinsschritte. Pictet wiederum verweist auf politische Risiken durch Trumps potenzielle Rückkehr, die eine vorsichtige Fed zur Folge haben könnten – mit entsprechend begrenztem Zinsrückgang.
Japan bleibt der Sonderfall
Für Japan ist das Bild einheitlicher: Alle Banken erwarten weiterhin niedrige Zinsen – sowohl auf kurze als auch lange Sicht. Die Commerzbank prognostiziert 0,5 % bei 3-Monats-Zinsen und 1,5 % für 10-jährige Staatsanleihen. Die BoJ bleibt expansiv, trotz leicht erhöhter Inflation. Pictet sieht allerdings Potenzial für eine erste Zinserhöhung im Juli 2025 – ein vorsichtiges Signal für Veränderung. Die Märkte sehen den Yen jedoch (noch) nicht als klassischen Safe Haven zurückkehren.
Fazit: Während sich alle einig sind, dass Japans Zinsen niedrig bleiben, zeigen sich bei EUR/USD und USD/JPY deutliche Meinungsunterschiede. CIBC und Pictet rechnen mit einem schwächeren Dollar, während die Commerzbank vorsichtiger bleibt. Die Zinsszenarien in Europa und den USA hängen stark von politischen Entwicklungen ab – und lassen viel Raum für Überraschungen.