Der Euro leidet an Corona
Der Euro leidet darunter, dass das Corona-Virus Europa wieder (fest) im Griff hat. Die Aussichten sind nicht gut, solange die Infektionszahlen das politische Handeln bestimmen. Niederlande, Frankreich, Deutschland – die Schwergewichte bremsen vor allem die Dienstleistungssektoren aus. Europas ohnehin schwächelnde wirtschaftliche Erholung bekommt den nächsten Dämpfer.
Die ZEW-Konjunkturerwartungen geben im Oktober von 77,4 auf 56,1 deutlich nach. Der Rückgang fällt stärker aus, als es die Konsensprognose vorsah. Die Allianz erwartet, dass die wichtigsten europäischen Volkswirtschaften im letzten Quartal 2020 wieder schrumpfen werden. Der Versicherer prognostiziert einen Rückgang des BIP um -1,3% gegenüber dem Vorquartal in Spanien, um -1,1% gegenüber dem Vorquartal in Frankreich und um –1,0% in den Niederlanden. In dieser Situation flüchten die Anleger in den US-Dollar und den japanischen Yen. Beide ziehen an (s. Wochentendenzen, Seite 1).
Japan, du hast es besser?
Vor allem der Yen, dessen Bevölkerung sich seit jeher vom Rest der Welt abschottet, so gut es geht, hat nun relative Vorteile. Auch das anhaltende Gezerre um das europäische Hilfspaket zwischen EU-Parlament und Rat schwächt den Euro – selbst wenn die USA gerade ein ähnliches Schauspiel im Streit zwischen Demokraten und Republikanern um das nationale Fiskalpaket erleben. Die Ankündigung der EZB, den Geldhahn bis zum Anschlag aufgedreht zu lassen, drückt ebenfalls den Eurokurs. Spekuliert wird bereits über eine erneute Leitzinssenkung um 10 Basispunkte.
Lichtzeichen beim Brexit
Ein kleines Lichtzeichen für den Euro wie das Pfund ist, dass es auf unsere frühe Annahme hinausläuft: Großbritannien ist draußen aus der EU und irgendwie doch nicht ganz. Man bleibt in einem ungeklärten Verhältnis, verhandelt bis zum „St. Nimmerleinstag“, lässt die Grenze zu Irland offen. Auch daran kann sich die Wirtschaft gewöhnen.
Fazit: Eine neue Perspektive wird sich ergeben, wenn die politischen Belastungen für den Euro ausgeräumt sind und sichtbar wird, wie weit es der kommende US-Präsident mit der Neuverschuldung treiben wird.
Empfehlung: Auch und vor allem mit der deutschen Bonität werden derzeit die Anleihen der Südeuropäer, vor allem Italiens subventioniert. Daher wundert es nicht, dass diese gefragt sind. Wer sich beteiligen möchte – die Risiken sind innerhalb einer angehenden Fiskalunion überschaubar – der Aufschlag zu 10-jährigen Bundesanleihen beträgt 130 Basispunkte.