Die EZB ist spät dran
Die EZB bleibt ihrer Linie treu. Sie hat bestätigt, ihr Ankaufprogramm zum Jahresende auf netto Null zurückzufahren. Es gibt also keine zusätzliche Liquidität mehr in den Markt. Allerdings werden fällige Anleihen weiterhin gegen neue getauscht. Dem Markt wird also noch keine Liquidität entzogen.
Dieser Schritt dürfte den Euro-Hütern nicht ganz leicht gefallen sein. Denn sie sind spät dran: Das Wachstumstempo geht zusehends zurück. Für das 3. Quartal wurde der Rückgang von 2,1% auf 1,6% (jeweils zum Vorjahresquartal) bestätigt. Die jüngsten Konjunkturdaten waren zwar durchgehend etwas besser als erwartet (Einkaufsmanager-Index bei 52,7 Punkten gegenüber 52,4 Punkten Konsenserwartung, Industrieproduktion + 1,2% ggü. Vj., Konsens 0,8%). Sie lagen aber eben auch unter den Daten der Vorperiode.
Damit bestätigt sich, dass die EZB wohl ihre Chance zu einer rechtzeitigen Straffung verpasst hat. Sie muss nun in einen sich immer deutlicher abzeichnenden Abschwung hinein ihre Politik straffen. Dafür dürfte nicht zuletzt die im jüngsten Gutachten des Sachverständigenrats thematisierte Fehleinschätzung des Produktionspotenzials eine Rolle gespielt haben. OECD, EU-Kommission und IWF haben demnach mehr oder weniger unabhängig voneinander seit der Krise von 2008/09 das Potenzial der Eurozone und damit die deflationäre Lücke zu hoch eingeschätzt. Auf dieser Basis wurde dann ein übertriebener Bedarf an konjunktureller Stimulierung durch eine ultra-expansive Politik diagnostiziert. Dieser Fehler ist allerdings nicht politischen Wünschen sondern den Schwächen der statistischen Verfahren geschuldet.
Fazit: Die ohnehin nicht sehr starke Zinsperspektive wird noch schwächer. Der Budgetstreit mit Italien und die verpassten Chancen einer Reform der Union wiegen schwerer und belasten den Euro neben dem Schwund der Zinshoffnungen zusätzlich.