Die EZB läuft der konjunkturellen Realität hinterher, die Geldentwertung nimmt zu
Das Chaos um die Regierungsbildung in Italien hat die Zinsmärkte enorm in Bewegung gebracht. Die Sorge vor einer Absetzbewegung der Italiener aus dem Euro oder dem Aufkeimen der Finanzkrise a la Griechenland hat eine Anleihen-Flucht ausgelöst.
Italienische Staatsanleihen wurden verkauft, Anleger sind in deutsche Papiere geflüchtet. Die Renditen italienischer Papiere sind steil gestiegen. Für 10-jährige Anleihen liegt die Rendite aktuell bei 2,50% (in der Spitze über 3%). Parallel dazu gingen die Renditen der deutschen Staatsanleihen zurück. Im Panik-Tief lagen sie bei 0,26%, aktuell notiert die Rendite für deutsche 10-Jährige bei 0,41%.
Davon können Kreditnehmer profitieren. Die Konditionen für Ausleihungen sinken wieder leicht. Im Durchschnitt sind Kredite gegenüber dem Vormonat um 0,05 Prozentpunkte billiger geworden.
Dieser Druck auf die Kreditkonditionen wird vorläufig bestehen bleiben. Der „italienische Patient" wird sich nur langsam stabilisieren. Es besteht weiter das Risiko, dass er Alarmsignale an die Finanzmärkte sendet, die dort zu ruppigen Reaktionen führen können. Eine schnelle Genesung ist ohnehin nicht absehbar.
Handlungsdruck für EZB
Die Europäische Zentralbank (EZB) steht unter Handlungsdruck. Ab September wird sie aus ihrem Anleihenkaufprogramm aussteigen. Das wird auch Italien mit steigenden Renditen zu spüren bekommen.
Nebenbei muss die EZB auf die anziehende Inflationsrate reagieren. Sie lag in Deutschland zuletzt bei 2,2% über dem EZB-Ziel. In der für die Währungshüter relevanten Eurozone zog sie im Mai auch an – exakt auf das Ziel der EZB von 1,9%. Setzt sich dieser Trend fort, hat die Zentralbank kein plausibles Arguement mehr, ihren ersten Zinsschritt hinauszuzögern. Der Markt rechnet aber erst für Spätsommer 2019 damit.
Die EZB lässt die Fakten also weiter davoneilen. Um ihr Abwarten hinter der Kurve (FB vom 07.05.) zu begründen, wird sie am 14. Juni darauf verweisen, dass der Zinsanstieg eventuell „nicht nachhaltig, sondern nur vorübergehend" sein wird. Die Währungshüter würde damit aus politischen Gründen (Stichwort Staatsfinanzierung) eine davoneilende Inflation in Kauf nehmen – und darauf hoffen, dass die Dynamik des Preisanstiegs wieder nachlässt. Das allerdings passt nicht zur robusten Konjunktur. Käme es allerdings dennnoch so, dann würde das Dilemma der falschen Politik richtig offensichtlich. Denn dann müssten die Währungshüter bei den Zinsen eher nach unten schauen.
Fazit:
Die reale Geldentwertung nimmt zu, der Effekt auf der Kreditseite aber ebenfalls. Darlehen bleiben weiter billig (1,5%) und verden derzeit sogar unter der Inflationsrate (2,2%) verzinst.