Wir beobachten gerade die akute Verwirrung der Märkte nach der für viele zunächst unverständlichen Zinsentscheidung der US-Notenbank. Entgegen der Erwartung vieler hat die Fed die Zinsen unverändert gelassen. Daraufhin kamen die Börsen kräftig unter Druck.
Die konstanten Leitzinsen sind jedoch gar nicht das Problem der Märkte. Sie tun sich viel schwerer mit der neuen Unsicherheit. In den USA wetterten einige bekannte Börsenbeobachter, dass auf die Fed kein Verlass sei. Sie habe die Zinsen nicht wie angekündigt erhöht und damit die Märkte in die Irre geführt.
Die eigentliche Botschaft der Fed an die Märkte und Beobachter lautet aber: Achtet wieder auf die fundamentalen Daten! Denn wenn man diese berücksichtigt – Arbeitslosenrate, Wirtschaftswachstum und Inflation – dann hat die Fed gar keine andere Wahl, als die Zinsen konstant zu belassen. Die entscheidende US-Inflationsrate lag zuletzt bei 0,2% im August. Das ist nun wahrlich kein Umfeld für steigende Zinsen.
Damit hat die Notenbank eine wichtige Weichenstellung für ihren Niedrigzins-Exit vollzogen. Sie nimmt den Märkten die Sicherheit, Zinsentscheidungen nahezu sicher planen und darauf spekulieren zu können. Denn genau das bringt enorm hohe Risiken in den Finanzmarkt, weil viele Marktteilnehmer gleichgerichtet agieren. Und die Fed gibt den Märkten den Blick auf die wesentlichen Daten zurück (zwingt sie vielleicht auch dazu), so dass Chancen und Risiken auf Basis von Fundamentaldaten bewertet werden.
Mit ihrer impulsiven Reaktion verarbeiten die Märkte das. Das Geld wurde – und wird noch – vom Tisch genommen. Risiken werden abgebaut. Das ist momentan in den kräftigen und sehr volatilen Kursbewegungen zu sehen. Die Märkte suchen nach einer neuen Bewertungsbasis auf fundamentalen Fakten und ein neues Gleichgewicht zwischen Risiko und Chance.
Mittelfristig bewerten wir das Umfeld weiter als positiv. Denn die fundamentalen Daten sind nicht wesentlich schlechter als vor der Zinsenscheidung. Global betrachtet hat sich im Vergleich zur Vorwoche schlicht gar nichts wesentlich verschlechtert. Zinsen und Rohstoffpreise bleiben niedrig, die Liquiditätsversorgung hoch, die Weltwirtschaft auf Wachstumspfad.
Dennoch werden die Börsen in ihrer Phase der Neuorientierung volatil hin und her gerissen bleiben. Der DAX orientiert sich kurzfristig nach unten. Vermutlich steht jetzt ein Test der wichtigen Unterstützung von 9.300 Zählern an. Dort entscheidet sich der weitere Weg (vgl. S. 4). Hält die Marke, kann es auch schnell wieder in Richtung 10.000 nach oben gehen. Vor nur einer Woche notierte der DAX 800 Punkte höher.
Fazit: Der Markt erfordert gerade ziemlich starke Nerven und ein gutes Stück grundsätzlicher Zuversicht. Beides haben wir aber noch. Strategisch halten wir daher die Linie, in der Korrektur Aktien-Positionen auf- und auszubauen. Schwankungen in den negativen Bereich hinein sind auszuhalten, denn die Tiefstkurse erwischt man beim Kauf selten.