Geschröpfte Sparer
Noch nie seit den 1960er Jahren wurde der deutsche Sparer so geschröpft wie derzeit. Minus 3,58% Realverzinsung: Das ist der niedrigste Wert in der Zeitreihe der Bundesbank für Spareinlagen mit Mindest-/Grundverzinsung mit dreimonatiger Kündigungsfrist. Die Bundesbank führt die Datenreihe seit Juni 1967. Der Wert ergibt sich, wenn man die Inflationsrate von den nominalen Habenzinsen abzieht. Er zeigt den tatsächlichen Wertverlust an, den Geld auf dem Sparkonto erleidet.
Gleichzeitig leert sich das Portemonnaie aufgrund der sprunghaft gestiegenen Inflationsrate deutlich schneller als noch zu Jahresbeginn. Bis Jahresende 2020 minderte sich der Wert des Geldes kaum, stieg zeitweise sogar an (negative Inflationsrate). Danach ging es kontinuierlich und zügig, zuletzt sprunghaft nach oben. Im August betrug die Teuerung 3,9% in Deutschland. Das sind Werte, wie sie zuletzt in den 1990er Jahren verzeichnet wurden. Unmittelbar nach der Wiedervereinigung ging der Verbraucherpreis-Index in der Spitze um 4,9% hoch. Ein ähnlich hoher Preisanstieg wie jetzt wurde noch im Juni 1992 verzeichnet, davor zu Anfang der 1980er Jahre.
Was nimmt der Arbeitnehmer hin?
Viele Banken beruhigen: Noch sei keine Lohn-Preis-Spirale zu erkennen. Und die Annahme, es handele sich um einen einmaligen, nur vorübergehenden Preisanstieg, sei nachvollziehbar, schreibt die IKB Deutsche Industriebank. Damit dies auch so bleibe, sei allerdings ein Anpassungsprozess notwendig, der unweigerlich das preisbereinigte Einkommen von Arbeitnehmern belaste.
„Die Arbeitnehmer werden ein wichtiges Element im Anpassungsprozess sein müssen, damit eine sinkende Inflationsrate in den Jahren 2022 und 2023 möglich wird.“ Das dürfte sich als etwas naive Hoffnung herausstellen. Schon der Blick auf die nächsten Heizkosten- und Stromrechnungen wird manchen Verbraucher schockieren. Und die Gewerkschaften motivieren – insbesondere, wenn eine SPD-geführte Bundesregierung an die Macht kommen sollte.
Fazit: Die IKB macht sich jetzt bereits Sorgen, dass die kräftige Geldentwertung zu deutlich erhöhten Lohnforderungen führen könnte, die dem Preisauftrieb den nächsten Schub verleihen könnten. Zu Recht.