Kommission droht Warschau offen mit Geldstrafen
Der Zloty kommt unter immer größeren politischen Druck. Nun ist Polens Justizreform erneut zum Stein des Anstoßes geworden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hat Polen zum dritten Mal innerhalb von drei Monaten wegen seiner Justizreformen verurteilt. Die Gründe sind exakt die gleichen, die auch die Richter der EU am EuGH in Luxemburg geltend machen. Allerdings ist der EGMR kein Teil der EU sondern eine davon völlig unabhängige Institution.
Die Strassburger Richten haben keine Sanktionsmöglichkeiten . . .
Die Regierung in Warschau wird die Urteile aus Straßburg aber allenfalls als Kränkung sehen. Sie sind in erster Linie kein direktes Problem, denn der EGMR hat keine Sanktionsmöglichkeiten gegen Regierungen, die seine Urteile missachten. Das ist bei den EuGH-Urteilen anders, zumindest bei den Nettonehmern des EU-Budgets. Hier können zulasten der Delinquenten einfach Gelder verrechnet werden.
. . . die Luxemburger schon
Trotzdem wird Polen schon bald Sanktionen ertragen müssen. Denn Kommissionsvizepräsidentin Vera Jourova hat Polen bei der Vorlage des Jahresberichtes der Kommission zur Rechtsstaatlichkeit in den EU-Ländern bereits mit "Geldstrafen" gedroht. Als Grund führte sie die Missachtung der EuGH-Urteile zur Justizreform an.
Den Verantwortlichen in Warschau dürfte also dämmern, dass sie bald mit finanziellen Lasten konfrontiert sein könnten. Jourova hat namens der EU-Kommission der Regierung in Warschau eine letzte Frist bis zum 16. August gesetzt, um Brüssel „darüber zu informieren, wie sie die einstweilige Verfügung und das nachfolgende Urteil des EuGH zur Disziplinarkammer umzusetzen gedenkt." Andernfalls wird die Kommission beim EuGH Zwangsgelder beantragen.
Keine guten Optionen mehr für Warschau
Die EU-Kommission setzt also klar auf Sanktionen, die ohne Beschlüsse der Regierungen im Europäischen Rat (wo sich Polen und Ungarn sich gegenseitig decken können) verhängt werden können. Spätestens dann kommt es zum Schwur: Entweder gibt die Warschauer Regierung nach und akzeptiert einen gewaltigen innenpolitischen Gesichtsverlust oder sie verzichtet in noch nicht abschätzbarer Höhe auf die finanziellen Zuwendungen aus der EU-Kasse.
Polen dürfte es schwer fallen, das EU-Geld in den "Wind zu schießen". Schon bei der versuchten Blockade des Corona-Pakets zeigte sich das. Damals reichte die EU-Drohung, Polen (und Ungarn) mittels einer Konstruktion des Hilfsfonds außerhalb des EU-Rahmens von den zusätzlichen Mitteln auszuschließen, um Budapest und Warschau innerhalb von 48 Stunden zur Raison zu bringen.
Fazit: Polens Regierung geht erhebliche finanzielle Risiken ein, die weitreichende Folgen auch für den Zloty haben können. Die Vorläufer sind am Devisenmarkt schon sichtbar. Seit Anfang 2020 ist der Zloty kräftig gerutscht und - politisch verursacht - hoch volatil. Bis Mitte August bleibt es riskant, danach gibt es eine neue Perspektive. Lenkt Polen nicht ein, wird es teuer und der Zloty auch unter 4,65 rutschen.