Mercron 2.0
Gegenüber dem von Emmanuel Macron und Angela Merkel gemeinsam vorgelegten Vorschlag für einen Fonds zu Bewältigung der Corona-Folgen („Wiederaufbaufonds“) verlieren die aktuellen Wirtschaftsdaten an Gewicht. Die beiden haben ein Zeichen gesetzt. Sie wollen zeigen, dass sie konstruktiv zusammenarbeiten können. Dabei trauen sich auch an die schwierigste Frage heran, die viele Marktteilnehmer als Kernproblem der Eurozone sehen: Das fehlende fiskalische Gegenstück zur gemeinsamen Geldpolitik. Konkret angedacht ist ein Volumen von 500 Mrd. Euro, die als Kredit beschafft werden auf Basis von Haftungszusagen der Mitgliedsstaaten. Dabei haftet jeder Staat für seine Quote.
Der Fonds soll in den den nächsten Etat (2021-2027) eingebettet werden. Die Mittel fließen als Etat-Ausgaben ab. Diese Initiative ist nur ein Versuch, der an den Finanzmärkten für bessere Stimmung sorgt. Vom Erfolg sind Kanzlerin und Präsident noch weit entfernt. Die Achse Berlin-Paris hat viel von ihrer früheren Dominanz verloren. Die anderen Länder machen ihre Mitspracherechte deutlicher geltend. Allen voran die fiskalpolitisch konservative Fraktion mit Niederländern, Skandinaviern und Österreichern. Sie werden wohl Widerstand leisten. Das kommt Angela Merkel, die mit ihrer Initiative mal wieder eine verbale 180-Grad-Wende hinlegt, durchaus entgegen.
Drei Knackpunkte zeichnen sich ab
Dabei zeichnen sich drei Knackpunkte ab: Umstritten ist die Vergabe der Mittel als Zuschuss statt Kredit. Dies zieht direkt die Frage nach den Anteilen bei Rückzahlung nach sich. Merkel zieht den üblichen Länder-Schlüssel vor. Macron will dagegen die Empfänger besonders geschont wissen, um die gewährte Hilfe nicht zu konterkarieren. Zudem reicht die zur Verfügung stehende Haftungsmasse nicht aus: Hier soll offenbar der freie Anteil zwischen den Höchstbeiträgen der Einzelstaaten zum Etat und den tatsächlich budgetierten Ausgaben herhalten. Das reicht aber laut Commerzbank nur für 300 Mrd. Euro Kredit aus.
Damit müsste zusätzliche Haftungsmasse her, etwa durch höhere Höchstbeiträge. Auch das dürfte nicht leicht durchsetzbar sein. Hier stehen noch Enttäuschungen und Rückschläge ins Haus. Sie werden direkt auf den Euro durchschlagen.
Daten und Umfragen lassen immer noch Hoffnung auf das V
Zudem bleiben die aktuellen Daten so schlecht wie erwartet: Die Industrieproduktion ging im April zweistellig zurück (-11,3%) – im Monatsvergleich! Desgleichen die Umsätze der Einzelhändler im März.
Offenbar ist aber die Hoffnung auf eine schnelle Trendwende groß. Der ZEW-Index lieferte zwar erneut eine extrem schwache Bewertung der aktuellen Lage. Jedoch wiederum eine extrem hohe, weit über dem langfristigen Mittelwert liegende Erwartung für die nächsten Monate. Offenbar wirken die Lockerung der Kontakt- und Verkehrsverbote bereits im Vorfeld positiv. Zudem scheinen Deutschland und anderen EU-Staaten mit der anfänglich rigiden Eindämmung und der nachfolgend vorsichtigen, schrittweisen Lockerung der Maßnahmen auch ökonomisch keinen schlechten Weg zu gehen. Falls das so zutrifft, ergäbe sich auf der fundamentalen Ebene ein leichter Vorteil vor allem gegenüber den USA.
Fazit: Der Lockerungsspielraum der EZB ist weitgehend ausgeschöpft. Davon profitiert der Euro.
Empfehlung: Das ändert nichts daran, dass der Euro als Anlagewährung vorerst unattraktiv bleibt.