Rezession dämpft Inflation, vertreibt sie aber nicht
Trotz bevorstehender Rezession – so leicht lässt sich die Inflation nicht abschütteln. Während der Druck bei Energie und Rohwaren nachlässt, macht sich der Preisauftrieb jetzt immer deutlicher im Dienstleistungssektor und bei Lebensmitteln bemerkbar. Die USA – vom massiven Inflationsdruck bei Gas weitgehend verschont – zeigen die Richtung an. Der amerikanische Erzeugerpreisindex (PPI) stieg im September um 0,4% im Monatsvergleich. Im August war er noch um 0,2% nach unten revidiert worden.
Die Lohnforderungen sind gerade so richtig angesprungen. Verdi fordert für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes 10,5% Zuwachs. Weitere Branchen werden folgen. Denn die Gaspreisbremse wird die hiesigen exorbitanten Kostensteigerungen nicht ausgleichen (und das soll sie ja auch aus politisch-erzieherischen Gründen nicht). Wer in den USA den Job wechselt, kann zwar nicht mehr von ganz so hohen Lohnzuwächsen wie noch im frühen Sommer ausgehen. 16% sind allerdings immer noch drin.
Licht am Preis-Horizont
Dennoch ist Licht am Horizont. Die angehende Rezession hat auch eine freundliche Seite. Die Preise für Transport- und Lagerdienstleistungen – ein Vorlaufindikator – sind in drei aufeinanderfolgenden Monaten gesunken. Der Preis für den Versand eines 40-Fuß-Containers von China an die US-Westküste ist zuletzt um 17,5% gefallen. Der Grund ist einfach: Die Verbraucher treten bei Konsumgütern nolens volens auf die Bremse. Auch die Wohlhabenden trifft die Inflation empfindlich. Der Global Wealth Report der Allianz geht für dieses Jahr mit einem Rückgang der Geldvermögen um mehr als 2%, inflationsbereinigt sogar um 10% aus.
Am Immobilienmarkt gehen die Preise bereits zurück, obwohl viele Projekte wegen gestiegener Finanzierungskosten und emporgeschnellter Baustoffpreise abrupt gestoppt worden sind. Die Probleme in der globalen Lieferkette haben erheblich entspannt. Die Spannungen in der Lieferkette sind auf dem niedrigsten Stand seit Mitte 2020.
Gegenläufige Strömungen und große Unsicherheiten
Die nächsten Monate werden noch unter dem Eindruck nachlaufender Prozesse bei Preissteigerungen stehen. Sie werden das Preisniveau hoch- und die Notenbanken unter Druck halten. Entscheidend wird sein, wie es dann im nächsten Frühjahr weitergeht. Hier spielen jedoch so viele unkalkulierbare politische, finanzielle, technische und wirtschaftliche Komponenten hinein, dass nur bleibt, vorsichtig auf Sicht zu fahren.