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Warum der Energiekrieg für Europa ruinös wird

Russlands komfortable Finanzlage

Russischer Rubel. (c) picture alliance/dpa | Silas Stein
Der Stellvertreterkrieg Russlands gegen die NATO-Staaten auf ukrainischem Boden wird für Europa ruinös. Die Strategie des Westens ist zwar klar: einen direkten, heißen Krieg mit Russland vermeiden und das Land an seiner größten Schwachstelle, den Einnahmen aus Energieexporten, treffen. 40% der Haushaltseinnahmen Russlands stammen aus Öl und Gas. Doch Moskaus Finanzpolster ist dick.

Russlands Finanzlage ist weiterhin sehr entspannt. Bis zuletzt profitiert Russlands Staatshaushalt von hohen Rohstoffpreisen. Die Verschuldung im Verhältnis zum BIP liegt bei 17%. Der Umfang des National Wealth Fonds (NWF) beträgt im 1. Halbjahr 2022 ordentliche 8% des BIP. Bis zu 40% des NWF sollen für Anti-Krisen-Maßnahmen aufgewendet werden. Fast 35 Mrd. USD sollen angeblich zusammen mit den Reserven der Bank of Russia eingefroren worden sein.

Zwar werden die Einnahmen aufgrund von Energieboykott und dem EU-Ölembargo im Jahr 2023 sinken. Das Institute of International Finance (IIF) – eine private, globale Vereinigung der Finanzindustrie – erwartet ein Haushaltsdefizit von etwa 2% im Jahr 2022 und 3% im Jahr 2023.

Moskaus Staatshaushalt erfreut sich hoher Devisenzuflüsse

Doch bis dato erfreut sich Russland hoher Devisenzuflüsse. Der Leistungsbilanzüberschuss überstieg von Januar bis August 180 Mrd. USD. Das ist mehr als das Doppelte des vorherigen Rekordes. Aufgrund der hohen Rohstoffpreise und der saisonal niedrigen Staatsausgaben verzeichnete Russland im ersten Halbjahr 2022 einen Haushaltsüberschuss von 1,3 Billionen Rubel. Eine Kombination aus der Stärkung des Rubels, deutlich niedrigeren Gasexporten sowie etwas höheren Ausgaben, trieb den Bundeshaushalt zwar von Juli bis August in erhebliche Defizite. Dieser Trend setzte sich im August allerdings nicht fort.

Russlands Finanzsystem hat sich weitgehend von dem Liquiditätsschock im März erholt. Der strukturelle Liquiditätsüberschuss des Bankensystems gegenüber der Bank of Russia liegt wieder bei 2,8 Bio. Rubel (47 Mrd. USD). Das wird es den Banken ermöglichen, erhebliche zusätzliche Ausleihungen zu begeben.

Beabsichtigte Ausgabenkürzungen sind verkraftbar

Die russische Regierung bereitet derzeit ihr mittelfristiges Budget für 2023 und darüber hinaus vor. Sie geht von einer Verringerung der Öl- und Gaseinnahmen um 25% bis 2025 und einem Rückgang der Ölpreise auf etwa 60 Dollar pro Barrel aus. Die Regierung muss in diesem Zeitraum Ausgabenkürzungen von mindestens 10-15% vornehmen, um die Defizite im Bereich von 2-3% zu halten.

Russland hat sich allerdings als fähig erwiesen, die Ausgaben zu kürzen, so das IIF. Dies zeigte sich beispielsweise 2014 bei der „Festung Russland“-Strategie. Als Reaktion auf den kombinierten Ölpreisverfall und Sanktionsschock im Jahr 2014 wegen der militärischen Annexion der Krim, führte Russland damals Ausgabenkürzungen ein, die den meisten Krisenprogrammen des IWF entsprachen. Infolge des starken Rückgangs der Öl- und Gaseinnahmen erwägt die Regierung zudem, die Fiskalregel wieder einzuführen. Diese schreibt vor, dass alle Öl- und Gaseinnahmen oberhalb einer bestimmten Preisgrenze gespart werden müssen.

Angriff über den Wechselkurs

Die Hoffnung westlicher Strategen besteht darin, den Rubel-Wechselkurs drücken zu können. Denn dieser fungiert auch als automatischer Stabilisator. Niedrigere Devisenzuflüsse von der Handelsseite würden den Rubel belasten. Das IIF schätzt, dass eine Verschiebung des Wechselkurses um 10 Rubel je Dollar eine Verringerung der Einnahmen aus Rohöl, Erdölprodukten und Erdgas um 1,2% des BIP auslöst. Eine Preisänderung von 10 USD pro Barrel bei Rohöl und Erdölprodukten macht etwa 0,8% des russischen BIP aus, eine Änderung von 10 USD pro MWh bei Erdgas etwa 0,5% des BIP.

Fazit: Um Russland finanziell niederzuringen, wird es einen sehr langen Atem und eine hohe Leidensfähigkeit der europäischen Sozialstaats-Demokratien brauchen. Haushalte und Teile der Wirtschaft stehen schon jetzt am Rand des finanziellen Kollaps. Die Lastenübernahme durch die Staaten ist wegen deren unsolider Finanzpolitik in der Vergangenheit deutlich limitiert. Der Abstieg des Euro zeigt schon jetzt an, wie problematisch die Märkte Europas mittelfristige Zukunft bewerten.
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