Schwächeres Wachstum in der Schweiz, Nullzins in Schweden
State of Denial
Wenn Länder dauerhaft über ihre – an der Leistungsbilanz zu messenden – Möglichkeiten leben, entstehen Schuldenkrisen. In den EU-Krisenländern glaubte man indes nach dem Eurostart, dass nur das Wachstum, nicht aber mehr die Defizite beachtlich seien – dank des Euro. Das war falsch und dumm. Jetzt verkünden die Verantwortlichen in UK, dass nur das Wachstum, aber nicht die Defizite beachtlich seien, weil man den Euro gerade NICHT habe. Auch das ist falsch und dumm.
Die Ideologie überlagert die Wirklichkeit so stark, dass auch das Offenkundige geleugnet wird. So sieht etwa Andy Haldane, Chef-Volkswirt der Notenbank zwar die Verschuldung als Hauptproblem der britischen Wirtschaft an – aber nur von den schwindenden Altlasten aus der Krise von 2008 her. Die Diskrepanz zwischen einem Wachstumstrend um 3% vom BIP gegenüber einer laufenden, jährlichen Nettoneuverschuldung der UK-Volkswirtschaft von über 5% vom BIP – der Durchschnitt des Defizits der Leistungsbilanz der letzten 5 Quartale beträgt 5,6% – ist ihm dagegen keinen Gedanken wert. Und so geht der Weg in die Schuldenfalle weiter. Denn mittlerweile ist nach der Handels-, auch die bislang positive Einkommensbilanz, der Saldo aus Einnahmen und Zahlungen auf Auslandsvermögen und -verbindlichkeiten, ins Minus gerutscht. Die Briten erzielen weder gegenüber der EU noch gegenüber dem Rest der Welt Einkommensüberschüsse. Die Schuldenlast erdrückt eben alles, wenn sie fast doppelt so schnell wächst wie das Einkommen. Und selbst diese ohnehin instabile Lage ist noch politisch gefährdet: durch das Risiko eines EU-Austritts im Gefolge des wohl 2017 fälligen Referendums. Als Offshore-Standort außerhalb der EU würde der britische Finanzsektor zwangsläufig einige Einlagen und Umsätze der EU-Kundschaft verlieren. Das würde die wichtigste Stütze der UK-Wirtschaft schwächen.
Fazit: Das Pfund wird noch bis in die zweite Hälfte 2015 von den hohen Erwartungen und guten Konjunkturzahlen profitieren. Die aufgezeigten strukturellen Schwierigkeiten werden aber auf längere Sicht ihre Wirkung entfalten. Das wird eine Korrektur der Bewertung der aktuellen, auf Verleugnung der Fakten beruhenden Politik mit sich bringen. Andernfalls läuft UK in eine Zahlungsbilanzkrise hinein.
Schwächeres Wachstum
Der Rückgang des KOF-Indexes unter 100 Punkte kündigt langsameres Wachstum in der Schweiz an. Die Exportindustrie kommt zwar gut mit dem relativ starken Franken zurecht. Das zeigt der zuletzt nochmals gewachsene Handelsüberschuss. Die trotz Negativzinsen um die Null-Linie pendelnde Inflation belegt aber, dass die Expansionskräfte nicht mehr besonders stark sind. Demgegenüber ist die Erholung in der Eurozone immer noch schwach und holprig, aber eben vorhanden. Die Währungshüter werden weiter an ihrem Franken-Limit bei 1,20 zum Euro festhalten und es zunächst wohl auch verteidigen müssen. Im Laufe des Jahres wird es allerdings an Bedeutung verlieren. Denn der Franken wird mit der Konjunktur schwächer.
Fazit: Wir erwarten einen langsam nachgebenden Franken und eine Normalisierung der Schweizer Finanzmärkte.
„. . . bis Ende 2016“
Bis Ende 2016 soll Norwegens Leitzins bei den Mitte Dezember erreichten 1,25% stehen bleiben, sofern nicht gänzlich neue Entwicklungen auftreten. Die rasante Talfahrt des Ölpreises hat die sich ohnehin abschwächenden Investitionen der Ölindustrie Norwegens so weit gedämpft, dass deutliche Effekte auf den Rest der Volkswirtschaft zu erwarten sind. Daher wird monetär gegengesteuert. Damit sind allerdings auch alle Spekulationen auf eine baldige Normalisierung der Zinsen vom Tisch. Das führte zu einem kleinen Einbruch der Krone, der auch nicht so bald korrigiert werden wird.
Fazit: Die norwegische Krone dürfte zum Euro kaum zulegen können.
Nullzins
Schwedens Währungshüter sahen sich veranlasst, den Leitzins auf Null zu setzen. Der Grund war die dauerhaft unter der Zielvorgabe von 2% verharrende Inflationsrate (zuletzt -0,2%). Damit soll zugleich ein neuer Anstoß für das schwächelnde Wachstum geliefert werden. Den erkennbaren Rückgängen beim Export und den Unternehmensinvestitionen steht nur der starke Konsumtrend gegenüber. Die privaten Haushalte sind zur wichtigsten Konjunkturstütze geworden. Eben das sieht die Notenbank durchaus mit gemischten Gefühlen. Denn insbesondere die rege Bautätigkeit (Eigenheime) geht mit einer kräftig gestiegenen Verschuldung der Haushalte einher. Hier öffnet sich eine Flanke, an der Schweden zunehmend verwundbar wird. Letztlich gilt es, auf den Aufschwung der Eurozone zu warten. Dieser könnte neue Nachfrage schaffen.
Fazit: Wir rechnen für die nächsten Monate mit einer schwächeren Krone.
6-Monats-Übersicht zu ausgewählten Währungen aus Westeuropa
Land | Währung/Zins | Aktueller Kurs | Ausblick 3 Monate | Ausblick 6 Monate | Prognosesicherheit |
---|---|---|---|---|---|
UK | GBP | 0,782 | 0,80 | 0,80 | neutral |
3m-Zins | 0,39 | 0,4 | 0,5 | ||
Schweiz | CHF | 1,201 | 1,20 | 1,21 | sicher |
3m-Zins | -0,25 | -0,1 | 0,01 | ||
Schweden | SEK | 9,475 | 9,50 | 9,55 | sicher |
3m-Zins | 0,26 | 0,25 | 0,25 | ||
Norwegen | NOK | 9,00 | 9,05 | 9,10 | sicher |
3m-Zins | 1,43 | 1,45 | 1,45 |