Stabiler Dollar über den Sommer
Der Dollar steigt auf breiter Front. Zu Euro, Yen, Franken, Pfund, Renmimbi (siehe Seite 3) legt der Greenback nach den jüngsten geldpolitischen Aussagen der Fed, die eine Zinswende für 2023 in den USA ankündigen, zu. Der Hintergrund:
- In den USA hat sich der Preisauftrieb noch deutlich stärker beschleunigt als in Europa und
- Die Fed ist in ihren Handlungen freier als die EZB
EZB-Politik: one size fits all
Die Europäische Zentralbank muss eine Politik one size fits all betreiben. Sie richtet sich nach den schwächsten großen Gliedern der Kette – Italien, Spanien, Griechenland – aus. Vor allem für Deutschland bedeutet das: die Inflation kann ungehindert weiter anziehen. Aber nicht der europäische Leitzins.
Das wird sich bemerkbar machen, sobald die Nachholeffekte aus der Pandemiezeit, die in USA bereits kräftig wirken, auch in Europa voll durchschlagen. Nach dem Sommer wird sich EZB-Chefin Christine Lagarde erklären müssen, wie es Europa mit der Stabilitätskultur hält, auf die die EZB eigentlich eingeschworen ist. Somit ist die Perspektive zumindest für den Sommer klar: Der Zinsabstand Europas zu USA wird sich (wieder) vergrößern.
US-Arbeitsmarkt mit deutlichen Verspannungen
Wirtschaftlich ist längst noch nicht alles in trockenen Tüchern. Am US-Arbeitsmarkt sind gerade die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in der Woche um 37.000 auf 412.000 gestiegen. Das Normalmaß liegt zwischen 250.000 bis 300.000. Sollte sich hier ein Trend etablieren, wäre das ein Problem für die USA, weniger für die Fed. Diese würde es als Aufforderung verstehen, ihren lockeren geldpolitischen Kurs fortzusetzen. Andererseits ist der Stellenmarkt angespannt.
Es gibt zeitgleich eine Rekordzahl an Stellenangeboten. Dazu Anzeichen für eine höhere Kündigungsbereitschaft der Mitarbeiter als je zuvor in den letzten zwei Jahrzehnten. Als (mit)ursächlich gelten die Pandemiehilfen für Arbeitslose. Denn sie halten viele minderqualifizierte Amerikaner davon ab, einen Job anzunehmen. Mehrere pandemiebezogene Programme laufen Anfang September aus und 25 Staaten beenden einige oder alle der verbesserten Leistungen vorzeitig. Dann dürften die offenen Stellen schnell besetzt werden und vor allem an der Lohnfront (und damit Inflationsfront) Druck rausnehmen.
Fazit: Der Dollar bleibt über den Sommer stabil und zum Euro unter 1,20. Starke Schwankungen erwarten wir nicht.
Empfehlung: 171,5 Basispunkte liegen derzeit zwischen den deutschen und den US-Zinsen (10-jährige Staatsanleihen). Das ist ein Wort für Investoren. Und das bei einer vorerst stabilen bis Anstiegsperspektive für den Dollar zum Euro.