Ungleichgewicht in UK - und ein zu starker Franken
Gefährliches Ungleichgewicht
Die neuen Wachstumszahlen zum 4. Quartal und dem Gesamtjahr 2015 unterstreichen die besorgniserregenden Schwächen der britischen Wirtschaft. Das für sich genommen ansehnliche Wachstum mit 2,1% im Jahresvergleich wird belanglos angesichts eines gleichzeitig erzielten Leistungsbilanzdefizits von 5,2% (im 4. Quartal sogar 7%). Der Zuwachs an getätigten Ausgaben war kleiner als die Neuverschuldung. Das heißt: Das erwirtschaftete Einkommen ist geschrumpft.
Die Leistung der UK-Wirtschaft hat bei Licht besehen um rund 3% abgenommen. Und schlimmer noch: Die BIP-Daten für das 4. Quartal zeigen, dass der im Ausland beschaffte Kredit mit abnehmenden Investitionen einhergeht. Den immer schneller wachsenden Auslandsschulden stehen also immer weniger zusätzliche Einkommenschancen gegenüber.
Die Nettoschulden im Ausland nehmen daher auch zu. Zumal die ungebremste Schrumpfung der britischen Industrie die Möglichkeiten ausländischer Direktinvestitionen begrenzt. Derzeit steht die Stahlindustrie vor dem Aus. Das ruft in Großbritannien allerdings nur die Lords der Admiralität auf den Plan. Sie bangen um den militärischen Schiffbau, bei dem die Verfügbarkeit von speziellen Stählen eine Rolle spielt.
Zu diesen wirtschaftlichen Schwächen UK's kommt das Brexit-Risiko hinzu. Es dürfte mit der insgesamt schlechten Stimmung gegenüber der EU – zu erleben auch anderswo in Europa, etwa beim Referendum in den Niederlanden – weiter steigen.
Fazit: Großbritannien lebt schon seit einigen Jahren von der Substanz. Die effektive Leistung der Wirtschaft geht kontinuierlich zurück. Das wird durch den positiven Anschein beachtlicher Wachstumsraten übertüncht. Der seit November erkennbare schwache Trend des Pfunds wird weiter anhalten.
Franken bleibt (zu) stark
Der Franken hält sich bei 1,08 zum Euro. Er bleibt damit auf einem starken Niveau zur Gemeinschaftswährung. Das bringt aber die Schweizer Unternehmen nicht mehr in Schwierigkeiten, wie die jüngste Handelsbilanz zeigt: Der Saldo legte auf 4,07 Mrd. Franken zu. Zuvor waren es 3,51 Mrd. Franken. Dies Dank eines um 3,7% gestiegenen Exports bei um 7,3% gefallenen Importen. Das BIP legte im 4. Quartal zum Vorjahresquartal um 0,4% zu. Das war mehr als erwartet. Im Konsens waren 0,2% vorausgesehen worden. Sowohl der bei 102,5% fast unveränderte KOF-Index als auch der von 51,6 auf 53,2 Punkte gestiegene Einkaufsmanager-Index deuten auf weitere moderate Zuwächse.
Zwei Schönheitsfehler birgt dieses Bild allerdings. Die Einzelhandelsumsätze waren zuletzt rückläufig – auch nach der Preisbereinigung, die sich auf die unverändert negativen Inflationsraten bezieht. Zuletzt wurden -0,8% beim Trend des Preisniveaus notiert. Das war allerdings schon besser als die Erwartungen (Konsens -1,1%) und der Vormonat (-1,3%). Dennoch bleiben die Schweizer Währungshüter in der Versuchung, durch weitere Lockerungen neuen Druck auf den Franken aufzubauen.
Fazit: Das Zwischenhoch des Franken dürfte kaum in höhere Regionen führen, ohne ernsthafte Gegenmaßnahmen der SNB zu provozieren. Eine Umkehr in Richtung 1,10 Franken/Euro ist wahrscheinlicher.
Zuwanderung schafft Impulse
Schwedens Wirtschaft profitiert derzeit sichtbar von der Zuwanderung. Die zusätzlichen Staatsausgaben, verstärkte Bautätigkeit und höherer privater Konsum sorgen für ein wenig Schub. Problematisch bleibt die klar unterm Ziel liegende Inflation von zuletzt 0,4%. Sie dürfte die Währungshüter trotz des beachtlichen Wachstums von zuletzt 1,3% zum Vorquartal dazu bewegen, die Geldpolitik weiter zu lockern. Der Leitzins liegt bereits seit einem Jahr unter Null, aktuell bei -0,5%. Zudem verfolgt auch Schwedens Reichsbank ein Ankaufprogramm für Staatsanleihen, um zusätzliche Liquidität in die Märkte zu pumpen.
Fazit: Wir erwarten eine eher stabile Schweden-Krone.
Zwingende Zinssenkung
Auch Norwegens Notenbank hat auf die Abschwächung reagieren müssen. Zumal das Land durch die Schwäche der Ölpreise zusätzlich belastet wird. Der Einbruch der Öl- und Gasbranche strahlt auf die Festlandswirtschaft aus. Schwächere Exporterlöse und die gebremsten Investitionen wirken sich eben aus. Zumal auch der zweite Zweig des Offshore-Sektors, die Seeschifffahrt, von Krisen geplagt wird. Impulse lieferte nur noch der private Konsum. Die Währungshüter nahmen daher ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 0,5% zurück. Bankchef Øystein Olsen stellte zudem weitere Zinssenkungen für das laufende Jahr in Aussicht. Die Krone hat sich mittlerweile gefangen. Sie hält sich wieder klar unter 10 NOK/Euro. Die weiter erkennbare Schwäche samt der Aussicht auf weitere Zinssenkungen werden die Norwegische Krone aber weiter schwächen.
Fazit: Wir erwarten im Gefolge einer weiteren Zinssenkung schwächere Kurse für die Krone.
6-Monats-Übersicht zu ausgewählten Währungen aus Westeuropa
Land | Währung/Zins | Aktueller Kurs | Ausblick 3 Monate | Ausblick 6 Monate | Prognose-sicherheit |
---|---|---|---|---|---|
UK | GBP | 0,808 | 0,83 | 0,85 | neutral |
3m-Zins | 0,56 | 0,55 | 0,55 | ||
Schweiz | CHF | 1,088 | 1,09 | 1,10 | sicher |
3m-Zins | -0,87 | -0,90 | -0,90 | ||
Schweden | SEK | 9,284 | 9,31 | 9,27 | sicher |
3m-Zins | -0,45 | -0,55 | 0,60 | ||
Norwegen | NOK | 9,46 | 9,50 | 9,50 | sicher |
3m-Zins | 0,99 | 0,80 | 0,70 |
GBP: Fundamentale Schwächen der UK-Wirtschaft und das Brexit-Risiko bringen einen stabilen Abwärtstrend für das Pfund.
CHF: Die Notenbank dürfte den Franken bald mit sanftem Druck wieder Richtung 1,10 leiten.
SEK: Die Reichsbank wird die Krone durch Lockerungen schwächen, um die Deflationsrisiken einzudämmen.
NOK: Die Norwegische Krone fängt sich, dürfte aber durch Lockerungen unter Druck kommen.