Verflechtung entspannt
Im Umfeld der Ukraine-Krise zeigt sich die positive Wirkung der internationalen Verflechtung auf den Finanzmärkten.
Im Umfeld der Ukraine-Krise zeigt sich die positive Wirkung der internationalen Verflechtung auf den Finanzmärkten. Die gegenseitigen Abhängigkeiten machen sowohl Russland als auch die EU bei aller Reizbarkeit und Anspannung vorsichtig. Keine Seite kann sich ohne Weiteres Unvorsichtigkeiten und „Schnellschüsse“ leisten. Die Finanzmärkte sind ein Transmissionsriemen, der sofort wirkt. Nicht nur die russischen Magnaten, auch mehrere große Firmen spüren schon jetzt die Isolation. Ihre internationale Finanzierung ist ins Stocken geraten. Russlands Unternehmen benötigen aber dringend frisches Geld, um auslaufende Verbindlichkeiten zu ersetzen. Westliche, voran französische Banken müssen wiederum den Ausfall dieser Verbindlichkeiten fürchten. Russische private Firmen haben 650 Mrd. Dollar an Auslandsverbindlichkeiten. Darunter sind beispielsweise Gazprom mit 80 Mrd. USD, die vier Großbanken Sberbank, VTB, VEB und Rosselkhozbank mit zusammen 60 Mrd. USD oder Rosneft (60 Mrd. USD). 100 Mrd. der 650 Mrd. USD werden in diesem Jahr fällig. Anschlussfinanzierungen am Anleihe- und Kreditmarkt gibt es aber faktisch seit Ende Februar nicht mehr. Zwar könnte der russische Staat wie schon 2008/09 einspringen. Doch dessen Finanzsituation ist ebenfalls recht prekär. Der Staatsfonds hat nur noch 440 Mrd. Dollar auf der hohen Kante – Tendenz stark fallend. Niemand kauft derzeit russische Anleihen (FB vom 27.3.). Im 1. Quartal sind laut Weltbank mit 63,7 Mrd. so viele Dollar abgeflossen wie im Gesamtjahr 2013. Russland wird finanziell höchstens noch ein paar Monate durchhalten können. Sollte es zu weitergehenden Sanktionen kommen, wird die Zeit noch knapper. Damit wird es für den Staat zunehmend schwierig, selbst als Kreditgeber aufzutreten. Doch die Europäer schneiden sich ins eigene Fleisch, wenn sie die Zügel anziehen. Denn die Banken der Eurozone sind die größten Kreditgeber russischer Unternehmen: Frankreich ist mit 54 Mrd. Dollar dabei, das kleine Österreich, dessen Bankensektor ohnehin schwächelt, mit 52 Mrd., Italien hat 30 Mrd. gegeben, Deutschland 22,5. Alle würde ein Zahlungsausfall hart treffen.
Fazit: Jede Seite kann sicher sein, dass eine Eskalation des Streits über die Finanzmärkte sofort Wirkung zeigt. Nach der destabilisierenden Wirkung der Finanzkrise wird jetzt der umgekehrte Effekt sichtbar.