Vom Niedergang zum Absturz
Die Schwäche der türkische Lira dürfte sich bald zu einer Zahlungsbilanzkrise entwickeln. Die Abwertung bedroht die Lebensfähigkeit des türkischen Bankensystems, dessen Verbindlichkeiten zu über 80% auf Euro oder Dollar lauten. Das Gewicht dieser Schulden steigt während die Aktiva überwiegend auf die stagnierenden Märkte im Inland ausgerichtet sind.
Neben den Banken wackeln die Kredite der türkischen Unternehmen. Bei diesen beträgt der Anteil der
Fremdwährungskredite an den Gesamtschulden mehr als 55%. Der Druck auf die türkischen Banken ist bereits gewaltig und wächst momentan täglich.
Türkische Banklen mit Liquiditätsproblemen
Offenbar ist diese Entwicklung jetzt an eine kritische Grenze gestoßen. Die Notenbank TMCB verschafft den Banken neuen Spielraum in dem im Mindestreserve-Soll gebundene Devisen frei gesetzt werden. Das deuten wir als klaren Hinweis auf akute Liquiditätsprobleme der türkischen Banken.
Die größte Gefahr geht aber von dem sich beschleunigenden Rückzug der Investoren aus. Die Türkei muss nicht nur die laufenden Defizite, sondern auch die fällig werdenden Auslandsforderungen durch frische Kredite refinanzieren. Das gelingt immer weniger auf dem freien Markt, wie die kontinuierlich abschmelzenden Währungsreserven (von 115,3 Mrd. Dollar im Januar auf 98,4 Mrd. Dollar im Juni) zeigen.
Fazit: Eine Fortsetzung der gezeigten Trends über längere Zeit endet unweigerlich in einer Zahlungsbilanzkrise. Bislang ist nicht erkennbar, dass die Politik bereit ist den notwendigen Kurswechsel vorzunehmen. Türkei-Engagements sollten erst dann wieder eingegangen werden, wenn sich eine politische Neuausrichtung abzeichnet. Bis dahin wachsen die Risiken täglich.