Was der Beitritt Bulgariens bedeutet
Die Europäische Kommission hat entschieden: Bulgarien wird zum 1. Januar 2026 den Euro einführen und den Lew ablösen. Damit wird das Land das 21. Mitglied der Eurozone – gut drei Jahre nach dem Beitritt Kroatiens. Das Vorhaben galt lange als ambitioniert. Erst nach Verzögerungen wegen zu hoher Inflation hat die Kommission nun grünes Licht erteilt.
Brüssel und die EZB bescheinigen Bulgarien die Erfüllung aller Maastricht-Kriterien: eine Inflation unter dem Referenzwert, ein Budgetdefizit unter 3% des BIP, eine Staatsverschuldung von nur rund 25% sowie stabile langfristige Zinsen. Der Lew ist seit 1999 fest an den Euro gekoppelt.
Stabilitätskurs und politischer Konsens – zumindest auf dem Papier
Auch die rechtlichen Voraussetzungen wie Zentralbankunabhängigkeit und EU-Vertragskonformität sind erfüllt. Der Gouverneur der Bulgarischen Nationalbank, Dimitar Radev, gilt als pro-europäisch und betont die langfristigen Vorteile des Euro für Handel, Investitionen und Beschäftigung.
Doch die bulgarische Bevölkerung ist gespalten. Umfragen zeigen ein durchwachsenes Bild – etwa ein Drittel ist für, ein Drittel gegen die Währungsumstellung. Ein Referendum wurde – wie damals in Deutschland – abgelehnt, was Oppositionsparteien und zivilgesellschaftliche Gruppen als undemokratisch kritisieren.
Inflation, Verlust an Souveränität und strukturelle Risiken
Kritiker führen Erfahrungen aus Kroatien und Griechenland an: Preissteigerungen nach der Umstellung, Verlust der geldpolitischen Unabhängigkeit und das Risiko künftiger Transferzahlungen innerhalb der Eurozone. Auch in Bulgarien könnten Preise steigen, während Löhne und Renten zurückbleiben.
Linke und wirtschaftsliberale Ökonomen warnen zudem vor einer langfristigen Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit. Der feste Umrechnungskurs könnte den Lew überbewerten. Und: Mit dem Euro entfällt der letzte Rest fiskalischer Selbstständigkeit – Entscheidungen lägen künftig bei der EZB.
Ein politisch-symbolischer Schritt – mit ökonomischer Brisanz
Befürworter betonen die Signalwirkung: Die Aufnahme eines weiteren Mitglieds beweise die Attraktivität der Gemeinschaftswährung. Kritiker sehen hingegen den Versuch, „Masse statt Klasse“ durchzusetzen – mit einem wirtschaftlich noch immer schwachen Land, das strukturell deutlich unter dem EU-Durchschnitt liegt.
Ein zusätzliches Problem: Bulgarien weist anhaltende Governance-Schwächen auf – von Korruption bis zu ineffizienten Institutionen. Während die Maastricht-Kriterien rein wirtschaftlich erfüllt sind, warnen viele: Eine Währungsunion ohne politische und institutionelle Konvergenz birgt langfristige Risiken. Es zeigt sich aber auch, dass der Euro ein politisches Projekt ist, um die Einflusssphäre Brüssels beständig zu erweitern. Die Größe des Währungsraum ist eine Sache. Die Größe des EZB-Rats und dessen Zusammensetzung die andere. Je größer solche Gremien werden, desto leichter sind sie durch wenige durchsetzungskräftige Persönlichkeiten zu steuern.
Hinweise:
Stimmrecht im EZB-Rat: Seit 2015 rotieren die Stimmrechte im EZB-Rat. Die fünf größten Volkswirtschaften (Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande) teilen sich vier Stimmrechte, während die übrigen Länder sich elf Stimmrechte teilen. Die Rotation erfolgt monatlich.
BIP-Wachstum 2025: Die in der nachfolgenden Tabelle angegebenen Werte basieren auf den jüngsten verfügbaren Daten und Prognosen.
Länder mit indirekter Euro-Nutzung
Neben den offiziellen Mitgliedstaaten der Eurozone gibt es Länder und Gebiete, die den Euro nutzen, ohne formell Mitglied zu sein:
- Andorra, Monaco, San Marino und Vatikanstadt: Diese Länder haben formelle Währungsabkommen mit der EU und verwenden den Euro als offizielle Währung.
- Kosovo und Montenegro: Diese Länder nutzen den Euro einseitig, ohne formelle Vereinbarungen mit der EU.
Diese Länder haben keinen Sitz im EZB-Rat und somit auch kein Stimmrecht in geldpolitischen Entscheidungen