Zloty unter Druck
Polens Währungshüter sind schon länger mit der Bewertung des Zloty unzufrieden. Sie sehen ihn als eines der Hindernisse zu einer stärkeren wirtschaftlichen Erholung. Das ließen sie bereits bei ihrer letzten Zinssitzung Anfang Oktoberdeutlich erkennen. Die neue Corona-Infektionswelle dürfte diesen Wunsch verstärken. Denn damit geht die im Sommer gesehene Erholung zu Ende. Nach langem Zögern entschloss sich die Regierung, die Kontakt- und Verkehrsbeschränkungen zu verschärfen.
Der Einkaufsmanager-Index war zwar per September noch einmal marginal auf 50,8 Punkte (zuvor 50,6) gestiegen. Doch damit dürfte der Aufwärtstrend ein Ende haben. Denn schon in den Septemberdaten deutete sich eine erneute Schwäche an. Bei Produktion und Auftragseingang erkannten die Markit-Analysten erste Anzeichen von Stagnation. Von daher dürften sich die Währungshüter in ihrer Einschätzung bestätigt sehen, dass der aktuelle Preistrend mit 3,2% Inflation und 4,3% Kernrate eine Spitze darstellt. Dahinter lauern eine mögliche Rezession und damit einhergehende Deflationsgefahren. Die Neigung zu weiteren Lockerungen ist daher recht ausgeprägt.
Leitzins bei Null trotz 3%-4% Inflation
Die NBP hat ihren Leitzins im Mai auf die "technische Null" von 0,1% zurückgeführt. Sie hat zudem die Banken mit zusätzlicher Liquidität ausgestattet. Das tat sie mithilfe von Geschäften, die den TLTRO der EZB weitgehend entsprechen. Zudem werden Kürzungen des Mindestreservesatzes diskutiert. Sie würden den Kreditspielraum des Bankensystems ebenfalls erweitern. Selbst die Möglichkeiten negativer Zinssätze werden von Mitgliedern des geldpolitischen Ausschusses der Notenbank öffentlich diskutiert.
Eine Neuorientierung der Geldpolitik hin zu einer strafferen Ausrichtung ist zumindest bis Herbst nächsten Jahres praktisch ausgeschlossen. Damit wird die aktuell den Zloty stark belastende Konstellation für die absehbare Zeit Bestand haben. Also eine anziehende Inflation und eine extrem expansiv orientierte Geldpolitik. Resultat dieser Konstellation sind stark negative reale (preisbereinigte) Zinsen.
Streit mit der EU belastet auch
Zudem dürfte sich der Konflikt mit der EU als weitere Belastung erweisen. Der wirtschaftliche Einbruch durch die neue Corona-Welle könnte dazu führen, dass Polen sich das Veto gegen den EU Haushalt nicht mehr leisten kann . Dann muss die PiS-Regierung die Kröte „Rechtsstaatsbindung der Zuschüsse“ schlucken.
Darüber hinaus drohen auch im Streit um die Justizreform über kurz oder lang finanzielle Einbußen – sofern Warschau Urteile des EuGH weiterhin missachtet und daher mit der Verhängung von Zwangsgeldern rechnen muss. Es ist keine Unterstützung für den Kurs zu erwarten solange nicht die Inflation wieder in den Fokus der Währungshüter tritt.