Zwei Dollar-Geschichten
Das Tableau enthält keine Überraschungen. Die Veränderungen beschränken sich darauf, die bereits bekannten Szenarien nachzuvollziehen.
Das Tableau enthält keine Überraschungen. Die Veränderungen beschränken sich darauf, die bereits bekannten Szenarien nachzuvollziehen. In mancher volkswirtschaftlichen Abteilung wird noch nachgesteuert: Man passt die Prognosen den aktuellen Verläufen und politischen Entscheidungen an. Insgesamt ergibt sich daraus ein homogeneres Bild als im vergangenen Monat. Die Spannweiten zwischen den einzelnen Prognosen sind kleiner geworden. In den vergangenen Wochen fielen einige Entscheidungen, die zuvor Gegenstand von Spekulationen gewesen waren. Vor allem die Ankündigung der US-Notenbank, die quantitative Lockerung zurückzufahren, hat die Unsicherheiten deutlich begrenzt. Trotzdem bleiben Gegensätze in den Ansichten und Argumenten. Sie fallen teilweise deutlicher aus, als es die nackten Zahlen ausdrücken. So sehen die Volkswirte der Commerzbank und auch der UBS und SEB die Aussichten der US-Wirtschaft besonders rosig und von daher einen starken Dollar kommen. Die Lage der öffentlichen wie der privaten Haushalte habe sich klar verbessert, argumentiert etwa die Commerzbank. Sie folgert daraus, dass die größeren Ausgabenspielräume neuen Schub für die US-Wirtschaft bringen werden, der wiederum für Aufwind für den Dollar sorgt. Anders Goldman Sachs. Dort sieht man die fiskalischen Probleme noch nicht als bereinigt an und wertet das mit der Konjunktur wachsende Doppeldefizit als negativ für den Dollar. Erstaunlich ist, dass die massiven Verwerfungen in der US-Einkommensverteilung samt ihren politischen Implikationen völlig unbeachtet bleiben. Hier wirkt wohl die in den 80er und 90er Jahren populäre „trickle down“-Theorie nach, der zufolge Reichtum von „oben“ nach „unten“ durchsickert und Verteilungsfragen aus der Betrachtung ausgeschlossen werden können. Die Vorgänge in den USA haben aber gezeigt, dass ein große Volkswirtschaft über ein Jahrzehnt hin ein ordentliches Wachstum erzielen kann, die Mehrheit der Bevölkerung aber gleichzeitig fühlbare reale Einkommensverluste hinnehmen muss. Einkommenszuwächse verteilen sich eben nicht automatisch über die steigende Nachfrage der „reicheren Schichten“ in der ganzen Volkswirtschaft. Hier liegt ein blinder Fleck der Bank-Volkswirte.
Fazit: Die Diskussion beweist: Die USA sind immer noch der wichtigste Faktor der Weltwirtschaft, deren Wohl und Wehe auf alle anderen ausstrahlt.