Auch wenn faktisch nichts passiert ist, war die Fed-Sitzung von Donnerstag ein Einschnitt. Die US-Notenbank hat damit begonnen, die Politik der Forward Guidance, der geldpolitisch klaren Richtungsvorgabe, zu beenden. Lange Zeit hatten sich die Märkte darauf eingerichtet, auf der Septembersitzung würde die Zinswende durch die US-Notenbank eingeleitet. Seit sechs Jahren steht jetzt der US-Leitzinssatz, die Fed Funds Rate, bei 0-0,25%. In Deutschland rechneten noch am Donnerstag Sparkassen und Versicherer fest mit seiner Erhöhung.
Die Fed schaltet in den Verunsicherungsmodus. Durch die Verschiebung des ersten Schrittes signalisiert sie den Märkten Risiken, die möglicherweise auf den Aktienmärkten nicht ausreichend eingepreist waren. Inzwischen hat längst die Diskussion begonnen, ob es überhaupt noch in diesem Jahr zu dem erwarteten Schritt kommt. Zwar hält die Fed noch immer an ihrem langfristigen Pfad fest, den Zins bis Ende 2016 auf dann 1% heraufzusetzen. Doch auch damit löst sie Spekulationen aus: Denn je später sie damit beginnt, desto schneller müssen die voraussichtlich vier Schritte erfolgen.
Verunsicherung zu schaffen ist die Absicht der Fed. Wiegt doch die Forward Guidance die Märkte in einer Sicherheit, die auf Dauer ungesund ist. Diese führt dazu, dass größere Risiken genommen werden als der Notenbank lieb sein kann. Abzulesen an der P/E-Ratio des US-Aktienmarktes, die zuletzt bei 24,8 lag. Das historische Mittel beträgt 16,6. Nobelpreisträger Robert Shiller sprach denn auch unmittelbar vor der Sitzung von einer deutlichen Überbewertung des US-Aktienmarktes. Diese wird jetzt abgebaut.
Und noch eine Neuerung hat die Fed vorgenommen. Erstmals in ihrer Geschichte hat sie zur Begründung ihrer Entscheidung den zerbrechlichen Zustand der Weltwirtschaft und der Finanzmärkte mit angeführt. Deshalb wolle man noch ein bisschen länger warten, um mögliche Auswirkungen auf die Vereinigten Staaten abzuschätzen, sagte Fed-Chefin Janet Yellen auf der Pressekonferenz. Auch hier gilt: Die dadurch erreichte zusätzliche Verunsicherung nimmt vergleichsweise sanft Risiko aus den Märkten.
Fazit: Dass die Zinswende ganz ohne Schwankungen über die Bühne gehen würde, war nicht zu erwarten. Die Fed sorgt dafür, dass die Reaktion schon vor dem Zinsschritt erfolgt und nimmt diesem damit die Brisanz. Sie hält die Finanzmärkte offensichtlich für stabil genug, wieder mehr Unsicherheit auszuhalten. Das ist die gute Nachricht von Donnerstag.