Hier können Sie zwischen der Ansicht für Geschäftskunden und Privatkunden wechseln.
Informationen und qualifizierte Einschätzungen zu Chancen und Risiken
030-288 817-20
Geschäftskunde
Privatkunde
0,00 €
1979
Geldpolitik in der Zwickmühle

Es kann nicht sein, was nicht sein darf

Chefin der EZB Christine Lagarde. Copyright: Picture Alliance
Dass die EZB unverhohlen Staatsfinanzierung betreibt, kann nur noch leugnen, wer eine rosarote Brille mit extra starkem Filter aufsetzt. Die gestrige Entscheidung geht von Annahmen aus, die nur schwer nachzuvollziehen sind.

Die geldpolitische Wende ist vollzogen. Die Zeichen stehen auf Straffung – selbst in der Eurozone (ein klein wenig). Aber das ist auch schon so ziemlich alles, was die Notenbanken der drei großen Währungsräume Dollar, Euro und Pfund gemein haben.

Während die US-Notenbank davon ausgeht, dass der Inflationsdruck erhalten bleibt und zu Zweitrundeneffekten führt, glaubt die EZB an einen wieder deutlichen Rückgang der Inflationsrate auf 1,8% im Jahr 2023 nach 3,2% im neuen Jahr 2022. Damit rechtfertigt die EZB – anders als ihre Schwestern in New York und London – dass sie die Leitzinsen auf lange Sicht unten halten und die Finanzminister der Eurozone fortgesetzt entlasten kann. Eine erste Zinserhöhung im Jahr 2022 sei sehr unwahrscheinlich, 2023 sei sie möglich, aber eher unwahrscheinlich.

US-Demokraten heizen Inflation an

Richtig ist, dass das Konjunkturpaket der US-Demokraten die Nachfrage dort anheizt. Gleichzeitig kommt das Angebot nicht nach, Stichwort: Lieferkettenproblematik, und der Arbeitsmarkt ist bereits leergefegt. Das treibt die Inflation jenseits des Atlantiks kräftig an. Das macht einen Unterschied. Schwerer nachzuvollziehen sind die Erwartungen der EZB für Europa:

  1. ein wieder deutlicher Rückgang der Energiepreise, die derzeit 49% der Preissteigerungsrate ausmachen – ohne Energie und Lebensmittel läge die Steigerungsrate in der Eurozone bei „nur“ 2,6%
  2. ein deutliches (und bedenkliches) Abflachen der europäischen Konjunktur von 5,1% in diesem, auf 4,2% im nächsten sowie 2,6% im Jahr 2023 und nur noch 1,6% im Jahr 2024.
  3. Und – anders als in USA und UK – ausbleibende Zweitrundeneffekte oder anders gesagt: Europas Arbeitnehmer bleiben genügsam und finden sich mit Reallohnverlusten ab. Schon in diesem Jahr lagen die Tarifverdienste in Deutschland mit einem Durchschnitts-Plus von 1,3% weit unterhalb der Jahresinflationsrate von 3%. Im nächsten Jahr rechnet das ifo-Institut mit einem weiteren Prozentpunkt Realverlust bei den Einkommen. Und das bei einem jetzt schon spürbaren und zunehmenden Mangel an Fachkräften.

EZB-Argumentation kaum nachvollziehbar

  • Damit bestätigt die EZB einerseits den anämischen Wachstumstrend in Europa, der angesichts der Bevölkerungsentwicklung bedenklich ist.
  • Sie liefert andererseits keine nachvollziehbare Begründung, warum die Weltmarktpreise für Energie und Rohstoffe wieder deutlich sinken sollten.
  • Und sie lässt unbegründet, warum die Arbeitnehmer in Europa dauerhaft die Folgen der Staatsfinanzierung durch die EZB – erhebliche Kaufkraftverluste auf Einkommen und Sparvermögen – bei einem immer knapper werden Angebot am Arbeitsmarkt hinnehmen sollten.

Fazit: Die EZB traut sich nicht an den Vollzug der Zinswende. Sie argumentiert und handelt nach dem Motto, es kann nicht sein, was nicht sein darf. Damit wächst das Risiko, dass sie das Ruder unerwartet und ruckartig herumreißen muss.

Hier FUCHS-DEVISEN abonnieren

Meist gelesene Artikel
  • Strukturierte Verfahren, ausführliche Selbstauskunft

Hauck Aufhäuser Lampe: durch Transparenz zum Trusted Wealth Manager 2023

© Grafik: envato elements, Redaktion Fuchsbriefe
Für Häuser mit einem großen Kundenstamm, die dazu noch eine Fusion hinter sich haben, wäre es fast ein Wunder, wenn es keinerlei unzufriedene Kunden gäbe. Und doch kommt Hauck Aufhäuser, die vor etwas mehr als einem Jahr mit der Privatbank Bankhaus Lampe aus dem Oetker-Konzern fusionierten, dem recht nahe.
  • Fuchs plus
  • Stiftungsvermögen 2023: Die ALPS Family Office AG in der Ausschreibung

ALPS Family Office offeriert gemeinnütziger Jugendstiftung breit gestreutes Portfolio

© Collage Verlage FUCHSBRIEFE, Grafik: envato elements
Die ALPS Family Office AG bezeichnet sich als unabhängigen Vermögensverwalter mit Weitsicht. Man liefere Maßarbeit, Klarheit, Unabhängigkeit, Zufriedenheit und Vertrauen. „Eine wissenschaftlich fundierte, nachvollziehbare und disziplinierte Vorgehensweise ohne „Bauchentscheidungen“ ist Basis unseres Handelns“, heißt es auf der Website. Das alles scheint perfekt zu den Bedürfnissen der Wilhelm Weidemann Jugendstiftung zu passen, die einen neuen Vermögensverwalter für ihr Stiftungskapital sucht.
  • Fundierte Vertrauensbasis 2023

Erneut grüne Ampel für die Braunschweiger Privatbank

Grafik: envato elements, Verlag Fuchsbriefe
Die Braunschweiger Privatbank hat das Vertrauensfundament gestärkt. Dazu hat sie eine Reihe an Fragen der FUCHS | RICHTER Prüfinstanz negativ beantwortet. Warum das gut ist.
Neueste Artikel
  • Fuchs plus
  • Moody's stuft Bewertung herauf

Tesla-Anleihen nicht mehr auf Ramsch-Niveau

Giga Factory von Tesla in Grünheide. © Patrick Pleul / dpa-Zentralbild / dpa / picture alliance
Der Automobilbauer Tesla ist in wenigen Jahren zu einem Global Player geworden. Die Anleihen wurden dennoch bis jetzt auf "Ramsch-Niveau" eingestuft. Wie Anleger von der Hochstufung profitieren, erfahren Sie im Artikel.
  • Fuchs plus
  • Hyzon Motors

Erste Untersuchungsberichte liegen vor

Hyzon Motors © Hyzon Motors
Bei den ersten Untersuchungsergebnissen zu den Bilanz-Ungereimtheiten von Hyzon wird klar, dass in der Vergangenheit nicht alles "glatt lief". Nun wird aufgearbeitet. Die Grundsatzfrage lautet: Verdient das Unternehmen nochmal das Vertrauen der Anleger?
  • Fuchs plus
  • Ballard Power

China kommt, aber später als gedacht

Ballard Power Systems © Picture Alliance
An Fantasie mangelt es nicht, Ballard als einen Top-Gewinner der weltweiten Anstrengungen in der Dekarbonisierung der Mobilität auszumachen. Allerdings zeigt sich, dass der Weg weiter ist und länger dauert als bisher angenommen. Die Frage ist: Wie sollten Anleger mit der Erkenntnis umgehen?
Zum Seitenanfang