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Schlechte „Unternehmensführung“ der EZB bleibt ohne Folgen

Europäische Zentralbank erwischt den schlechtesten Zeitpunkt

Christine Lagarde. (c) picture alliance/dpa/AFP Pool | Daniel Roland
Die großen internationalen Reserach-Institutionen wie IWF, OECD, Weltbank taxen die Erwartungen für das Wachstum der Weltwirtschaft kräftig nach unten. In den Statements ist der Schuldige schnell gefunden: Russland, das den Krieg gegen die Ukraine entfacht hat. Doch damit machen sie es sich deutlich zu leicht. Versagt hat auch die EZB. Sie trägt ein Gutteil der Verantwortung für die schwierige Situation auf den Märkten.

Wenn ein Unternehmen schlecht geführt wird und gravierende Fehlentscheidungen trifft, wird über den Verbleib des Konzernchefs und vielleicht sogar des Aufsichtsrats diskutiert. Nicht so bei staatlichen oder suprastaatlichen Institutionen wie der EZB. Dort muss man schon selbst den Hut nehmen, wenn einem die Sache nicht (mehr gefällt) – wie es inzwischen etliche deutsche Vertreter in EZB-Rat und Direktorium vorgemacht haben.

Eine EZB-Chefin wie Christine Lagarde allerdings ficht das nicht an. Sie ist für acht Jahre inthronisiert und kann zusammen mit ihren von den Länderregierungen ausgewählten Kompagnons im Direktorium die Geschicke von Europas Geld und damit auch Wohlstand und Wohlstandsumverteilung weiterbestimmen, bis ihre Amtszeit Ende 2027 ausläuft. Dabei ist inzwischen jedem offensichtlich, dass die EZB eklatant falsch entschieden hat. Und das liegt nicht allein oder vordergründig am schwer absehbaren Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Es zeichnete sich lange vorher ab.

Konjunktur und Geldpolitik spielen gegeneinander

Geldpolitik und Wirtschaft laufen nun zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt in unterschiedliche Richtungen. OECD und Weltbank malen gerade insbesondere für Europa eine konjunkturelle Perspektive in düsteren Farben. Im Januar dieses Jahres hatte die Weltbank ein Plus von 4,1% für die Weltwirtschaft erwartet. Das hat sie in Folge des Krieges jetzt auf 2,9% gesenkt. Die OECD taxt ähnlich auf 3,0% in diesem und dem kommenden Jahr. Euro-Europa muss sich mit einem Wachstumsrückgang von 4,62% (Dezember-Projektion) auf jetzt 2,62% zurechtfinden.

Ausgerechnet jetzt muss die EZB aufgrund anhaltend ausufernder Preissteigerungsraten eine deutliche Kurskorrektur vornehmen, die sie lange Zeit mit Rücksicht auf die Haushalte wichtiger Mitgliedsländer und fast schon unter Leugnung der inflationären Tatsachen – also aus politischen, nicht geldpolitischen Gründen – versäumt hatte. Ihrem auf Stabilität gerichteten Mandat wird sie damit nicht gerecht.

Jetzt kommt der Markt-Test

Die Zinsmärkte stellen sich nun seit langem gegen die EZB und unterziehen sie dem Markt-Test. Sie haben mittlerweile eine Erhöhung des Leitzinses um 220 Basispunkte innerhalb der nächsten 12 Monate eingepreist. Das entspricht der Geschwindigkeit, mit der die Fed in den USA ihre geldpolitische Straffung vornimmt. Dahinter steht die Suche nach der Obergrenze für den neutralen Zinssatz. Er treibt auch das lange Ende der Zinskurve mit den 10-jährigen Bund-Renditen über 130 Basispunkte nach oben.

Das hat Folgen für den Wohlstand, die bei einem beherzteren und weniger von politischem Kalkül getragenen Eingreifen vermeidbar gewesen wären. Vor allem riskante Vermögenswerte dürften empfindlich auf den zwingend notwendig gewordenen Kursschwenk der EZB reagieren. Zwar erwarten wir weiterhin, dass die EZB unter ihren Möglichkeiten bleibt, um insbesondere die Haushalte der südlichen Teilnehmer des gemeinsamen Währungsraums nicht zu gefährden. So sieht Lagarde die Inflationsrate „auf mittlere Sicht“ wieder bei 2%. Schon im nächsten Jahr soll die Rate zwischen 2,1 bis 2,7% liegen. Für Europa sieht die EZB immer noch ein Wachstum von 3,7% in diesem und 2,8% im nächsten Jahr vor. (Die Bloomberg Konsens-Umfrage unter Analysten ergibt 2,6% für dieses und 2,1% für nächstes Jahr). Hier bestimmt also erneut der Wunsch die Wirklichkeit.

Hohe Risiken für die Märkte

Doch sollte die EZB hier mit einer falkenhaften Attitüde überraschen, würde dies viele Marktteilnehmer verängstigen. Risikobehaftete Anlagen könnten dann in einen Bärenmarkt übergehen. Das hätte auch Folgen für viele Unternehmen. Ihre Finanzierungsbedingungen würden sich schnell verschlechtern. Sie würden es voraussichtlich schwer haben, an frisches Geld zu kommen. Dosiert die EZB wiederum zu "taubenhaft", würde sich das Inflationsszenario verfestigen. Ihre Prognose kann sie dann gleich in den Wind schreiben. Schon hat die EZB die Verbrauchererwartungen nicht mehr im Griff und die Lohnpoliitk ist dabei, der Inflation den nächsten Schub zu verleihen. Neben dem Mindestlohn ziehen auch die Löhne in Gebäudereinigung und am Bau kräftig an. Andere Lohngruppen werden folgen.

Europas Geldpolitik ist endgültig in die Fänge von Politikern geraten, die das „Mindset“ der EZB umgekrempelt haben. Die Folgen spürt nicht nur der Euro, dessen Schwäche die Inflation deutlich verstärkt. Die EZB hat mit ihrer Politik auch für Umverteilung zwischen den Ländern und innerhalb der sozialen Schichten der Länder gesorgt. Doch es gibt keinen „Aufsichtsrat“, der sich zu Wort meldet und die „Aktionäre“ des Unternehmens Europa müssen zusehen, wie ihr Asset an Wert verliert. Dabei ist schlechte Unternehmensführung alles andere als nachhaltig. Aber das gilt nur für Unternehmen „im wirklichen Leben“.

Fazit: Die EZB erwischt mit ihrer beginnenden Straffung so ziemlich den schlechtesten Moment. Das ist mehr als handwerkliches Ungeschick. Denn es ist auf eine Politisierung des Gremiums zurückzuführen, die längst zu einer folgenschweren Umverteilung von Wohlstand in Europa führt.
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