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Die Zentralbanken als Armutsbekämpfer

Geldpolitik verliert den Fokus

2-Euro-Münzen. © Olivier Le Moal / stock.adobe.com
Die Bank der Zentralbanken, die BIZ, hat eine neue Studie veröffentlicht. Sie setzt sich mit dem Problem auseinander, dass Geldpolitik mit Zunahme der Einkommensungleichheit in Volkswirtschaften an Wirkung verliert. Zugleich ist sie eine versteckte Anklage an die Regierungen der G-7.

Die Geldpolitik der Zentralbanken verliert schleichend, aber beständig an Wirkung. Die Ursache: zunehmende Einkommensungleichheit in den entwickelten Volkswirtschaften. Und das nachweislich seit den 1980er Jahren. Dadurch verlören geldpolitische Stimuli an Durchschlagskraft. „Wachsende Ungleichheit kann es für die Zentralbanken zunehmend schwieriger und kostspieliger machen, die gesamte Wirtschaft anzukurbeln“, heißt es in einem aktuellen Arbeitspapier der Bank der Zentralbanken, BIZ (Bank for International Settlements).

Das Problem: Ungleichheit wächst in jeder Rezession. Folglich sehen sich die Zentralbanken zunehmend in der Pflicht, Rezessionen vermeiden zu helfen. Das heißt: die geldpolitischen Zügel (länger) locker zu lassen. „Der Einkommensanteil der wohlhabendsten 10% der Bevölkerung steigt im Allgemeinen nach Rezessionen und bleibt in der Regel noch Jahre danach höher.“ In vielen fortgeschrittenen Volkswirtschaften sei die Wahrscheinlichkeit, dass Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen ihren Arbeitsplatz verloren, mehr als dreimal so hoch wie bei Arbeitnehmern mit hohem Einkommen gewesen. Und: Länder und Regionen mit einem höheren Maß an Ungleichheit erlebten typischerweise tiefere Rezessionen. Mit anderen Worten: „Übermäßige Ungleichheit dient dazu, die makroökonomische Stabilität zu untergraben.“

Ungleichheitsschub durch Covid-Rezession

Die Ungleichheitskennzahlen hätten durch die Covid-19-Rezession einen weiteren Schub erhalten. Das Tempo des Anstiegs sei in einigen Ländern wie Kanada, Schweden und den Vereinigten Staaten Jahrzehnt für Jahrzehnt konstant. Im Vereinigten Königreich habe sie in den letzten 20 Jahren ein Plateau erreicht. In Deutschland und Japan hänge der genaue Verlauf der Zunahme der Einkommensungleichheit von der Datenquelle ab. Im Großen und Ganzen aber „scheint das Niveau der Einkommensungleichheit heute in allen Ländern außer Frankreich deutlich höher zu sein als in den 1980er Jahren“.

Vernachlässigte Steuerpolitik

Die geldpolitische Stimulierung zur Vermeidung von Rezessionen hat im Laufe der Zeit beständig an Gewicht gewonnen. Carstens: „Die hier vorgestellten Studien spiegeln ein wachsendes Bewusstsein der großen Zentralbanken für das Problem der Ungleichheit wider.“ Die Folge, so interpretieren wir: Die Zentralbanken verlieren immer mehr ihren geldpolitischen Fokus. „Zentralbanken können als Aufsichtsbehörden, Förderer der finanziellen Entwicklung und Inklusion und Hüter der Zahlungssysteme auch dazu beitragen, wirtschaftliche Ungleichheit zu mildern, indem sie ihre „nicht-monetären Hüte“ tragen“, argumentiert Agustin Carstens, General Manager der BIZ, in seinem Vorwort.

Die Inflationsbekämpfung (Geldwertstabilität) als vorrangiges geldpolitisches Ziel rückt damit nolens volens an die zweite Stelle. Auch wenn ihre bestrafende Wirkung gerade auf die ärmeren Bevölkerungsschichten nicht verkannt wird: „Die Inflation sollte niedrig gehalten und die makroökonomische und finanzielle Instabilität unter Kontrolle gehalten werden, die die Armen überproportional trifft.“ Dies sei angesichts des Anstiegs der Energie- und Lebensmittelpreise, die einen größeren Teil des Verbrauchs von Haushalten mit niedrigem Einkommen ausmachen, besonders relevant.

Der Disclaimer wird gleich mitgeliefert

Die Brisanz ihrer Aussagen ist den Autoren klar. Daher vergessen sie auch den „Disclaimer“ nicht: „Dies sollte natürlich nicht als Argument für einen nicht nachhaltigen Expansionismus und eine ultralockere makroökonomische Politik im Konjunkturzyklus ausgelegt werden. Damit Synergien die Wirksamkeit beider Politiken erhöhen, müssen sie Hand in Hand gehen mit ausgewogenen und nachhaltigen Interventionen, die auf die spezifischen lokalen Gegebenheiten zugeschnitten sind.“ Jedoch schieben die Autoren sogleich nach: „Andernfalls werden makroökonomische Ungleichgewichte wie hohe Inflation und schnelle Schuldenanhäufung die Erholung verkürzen und zu noch mehr Armut und Ungleichheit führen.“ Und somit den Fokus der Notenbanken noch weiter verrücken.

Anklageschrift an die Regierungen

Das Papier liest sich zwischen den Zeilen wie eine Anklageschrift an die Regierungen der westlichen Staatengemeinschaft. Sie gehen, so bringen wir es auf den Punkt, aus Bequemlichkeit den verteilungspolitischen Debatten aus dem Weg. Ihren sozialpolitischen Job überlassen sie lieber den Notenbanken. Denn die müssen sich nicht zur Wahl stellen. Dazu die BIZ: Eine reduzierte fiskalische Umverteilung durch eine schwächere Steuerprogression und flachere Steuersysteme oder die Kürzung der Leistungen der Arbeitslosenversicherung hätten nicht nur dazu beigetragen, die Ungleichheit zu erhöhen.

Sie hätten auch dafür gesorgt, die Fiskalpolitik weniger antizyklisch zu machen und damit ihre stabilisierende Wirkung zu untergraben. Die Studie ist also eine Aufforderung an die Fiskalpolitik, sich wieder stärker dem Ausgleich von Einkommensunterschieden zu widmen. Im Klartext: Die Politik soll die Steuersysteme wieder progressiver gestalten, kurz: die Steuersätze für die höheren Einkommen anziehen.

Fazit: Die BIZ erteilt den Notenbanken mit dem Papier Absolution für ihre zögerliche Geldpolitik. Motto: Wenn die Regierungen sich ihrer Verantwortung entziehen, muss das eben die Geldpolitik richten. Doch das ist nicht ihr Mandat.
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