Die jüngste EZB-Entscheidung bestätigt unser Szenario von Finanzierungskosten, die nur im Schneckentempo ansteigen. Die Zentralbank verzichtete am Donnerstag auf weitere Lockerungsmaßnahmen. Sie hielt die Leitzinsen konstant und ergriff auch keine weiteren unkonventionellen Maßnahmen, um die rückläufige Liquidität im Finanzsektor zu erhöhen. Damit sendet die EZB eine klare Botschaft: Die Zentralbank ist bereit, die Erwartungen der Märkte zu enttäuschen. Sie wird ihre expansive Geldpolitik nicht bei jeder weiteren Gelegenheit zusätzlich ausweiten. Die EZB wird nun sogar ihr eigenes Inflationsziel (knapp 2% auf mittlere Sicht) bewusst verfehlen: Die Zentralbank selbst geht davon aus, dass die Preise nicht vor 2017 über 1,7% steigen werden – und sieht dennoch keinen Grund zum Handeln. Die geänderte Strategie dürfte zu steigenden Zinsen in kurzen und mittleren Laufzeiten führen. Denn nur in den Bereichen bis etwa fünf Jahre wirken sich die leicht höheren Zinsen auf dem Bankenmarkt spürbar auf die Unternehmensfinanzierung aus. Diese Entwicklung ließ sich an den ersten Marktreaktionen nach der EZB-Sitzung ablesen. Grund ist die Verteuerung von Liquidität am Interbanken-Markt für kurzfristige Kredite. Die EZB wird diese Entwicklung zunächst laufen lassen, einen zu starken Zinsanstieg aber verhindern. Ungeachtet dessen bleiben die Kreditbedingungen für deutsche Unternehmen hervorragend. Die Kredithürde für die deutsche Wirtschaft sank im Februar auf einen neuen historischen Tiefststand: Lediglich 18,6% der befragten Unternehmen berichteten von Restriktionen bei der Kreditvergabe durch Banken (Januar: 19,5%).
Fazit: Die EZB testet, wie der Finanzsektor auf Enttäuschungen reagiert. Diese Strategie wird die Kreditkosten in den kommenden Monaten leicht erhöhen. Der Anstieg wird aber in einem überschaubaren Rahmen bleiben. Sollte dieses Experiment zu einem größeren Zinsanstieg führen, wird die Zentralbank dem dann entgegenwirken.