Inflation: Zoll-Wunder in den USA?
Die US-Statistiker sind verblüfft: Trotz erhöhter Zölle sinkt die Inflationsrate. Hintergrund: Die US-Importeure tragen derzeit die Kosten, ohne sie an die Verbraucher weiterzugeben. Erleben die USA mit Blick auf die Inflation ein Zoll-Wunder?
Die Statistiker in den US reiben sich derzeit die Augen: Trotz massiv erhöhter Zölle ist die Inflationsrate derzeit rückläufig. Zwar wurden die Zölle zunächst nicht so stark erhöht, wie es US-Präsident Donald Trump angekündigt hat. Der durchschnittliche Zollsatz ist nach Berechnungen des Yale Budget Lab aber auf etwa 15,8% gestiegen. Damit liegt er gut 13 Prozentpunkte höher als im Durchschnitt des Jahres 2024.
Wann schlagen die Zölle auf die Inflation durch?
Die Frage ist dabei nicht, ob die Zölle preistreibend wirken werden, sondern mit wie viel Verzögerung. Darauf hat auch Fed-Chef Jerome Powell immer wieder hingewiesen und damit Forderungen nach Zinssenkungen abgewehrt. Da die globalen Lieferketten lang sind und über viele Zwischenstationen abgewickelt werden, kann eine Zeitverzögerung von einigen Monaten entstehen, bis Zölle vom Produzenten bis zum Endverbraucher "durchgereicht" sind. Hinzu kommt, dass nicht jedes Glied in der Lieferkette in der Marktposition ist, Zölle als Kosten auch an den nächsten weiterzugeben.
Die aktuellen Zahlen zeigen, dass die US-Zölle derzeit vor allem von den US-Importeuren bezahlt werden. Die Commerzbank leitet daraus ab, dass die US-Unternehmen aufgrund politischen Drucks und der noch bestehenden Unsicherheiten über die tatsächlichen Zollhöhen noch abwarten und die Zölle noch nicht weitergeben. Angesichts historisch hoher Gewinnmargen (16%) und vorgezogener Importe (Lageraufbau) können sie sich das leisten.
Fazit: Von Inflationsentwarnung in den USA kann keine Rede sein. Die preistreibenden Zolleffekte werden derzeit nur zurückgehalten. Vorsichtige Rechnungen lassen einen zusätzlichen Preisauftrieb von 1,5 Prozentpunkten erwarten, wenn moderate Zollerhöhungen an die Verbraucher durchgereicht werden. Das bleibt weiter nur eine Frage der Zeit. Wir halten weiter eine böse Inflations-Überraschung zum Ende des Jahres für wahrscheinlich. Die Fed könnte darum im aktuellen Umfeld richtig liegen und politisch auf den falschen Fuß gezwungen werden.