Notenbanken unter Erwartungsdruck
Gestern hat mit der EZB die erste der großen Notenbanken entschieden. Aus Sicht der Märkte falsch. Nun ist als nächstes die Fed an der Reihe. Ihre Situation ist jetzt noch schwieriger.
Der EZB geht es wie den US-Kollegen: Es besteht ein starker Erwartungsdruck auf die Zinsentscheidungen. Die EZB hat ihn gestern enttäuscht und ihre Politik nicht nennenswert gelockert. Die mit Hintertüren versehene Verlängerung des Ankaufsprogramms und die minimale Anhebung der Aufbewahrungsgebühr für Guthaben bei der EZB – der negative Einlagensatz – sind Symbolik im Vergleich zu den Erwartungen. Die massive Reaktion am Devisenmarkt, wo sich der Euro innerhalb von Stunden um vier US-Cent verteuerte, belegt die hochgespannten Erwartungen an den Finanzmärkten. Damit liegt der Euro aber noch unterhalb der Zone, in der die EZB verbal interveniert (1,11 bis 1,14). Das wirft ein Schlaglicht auf den Druck, der jetzt auf der US-Notenbank lastet. Sollte auch sie die Erwartungen enttäuschen und keine Zinserhöhung liefern, droht Tumult an den Märkten. Von den aktuellen Daten her gesehen ist aber jenseits der von der Geldpolitik geweckten Erwartungen kein vernünftiger Grund für eine Zinserhöhung erkennbar: Die US-Industrie ist seit Jahresanfang auf dem Rückzug und die Inflation bei Null. Die Arbeitsmarktsignale sind widersprüchlich mit fallender Beschäftigung und sinkender Arbeitslosenquote. Janet Yellen und ihre Kollegen im FOMC können eigentlich nur noch falsch entscheiden.
Fazit: Wir halten den Ausweg einer symbolischen Entscheidung auch in den USA durch eine Erhöhung des Diskontsatzes immer noch für eine wahrscheinliche Lösung.