Notenbanker haben die Anker gelichtet
BoE und Fed verlieren Glaubwürdigkeit
Beispielhaft die Bank von England (BoE). Sie versucht gerade, sich dem stärksten Inflationsschub seit 40 Jahren entgegenzustemmen. Mit ausgesprochen mäßigem Erfolg. Die Berenberg Bank zeigt in einer Analyse, dass die Briten mit großer Mehrheit (88% der Bevölkerung) erwarten, dass die Preissteigerungsraten in einem Jahr deutlich über 4% liegen werden. Monat für Monat geht dieser Trend seit Jahresbeginn steil nach oben. Das heißt: Immer mehr Menschen glauben an immer höhere Inflation.
Ähnlich in USA. Die jahresdurchschnittliche Inflation (gemessen anhand der „PCE inflation“) wird im laufenden Jahr auf 4,3 Prozent geschätzt nach 2,6 Prozent gemäß der Schätzung im Dezember 2021.
Forward Guidance gescheitert
Bisher hatten die Notenbanken versucht, durch kommunikative Anstrengungen – Forward Guidance – die Markterwartungen zu steuern. Das funktionierte so lange, wie Reden und Realität zusammenpassten. Doch seitdem die Notenbanken – und das gilt für BoE, EZB und Fed gleichermaßen – versuchen, die Inflation klein zu reden und in diesem Jahr eigentlich schon wieder Raten um 1% herrschen sollten, das Gegenteil aber eingetreten ist, ist „Feierabend“ mit Forward Guidance. So habe speziell bei der BoE die Entscheidung, mehrere Projektionen zu erstellen, kontraproduktiv gewirkt. In USA wirken die Zinsschritte der Fed – 25 Basispunkte bei einem 40-Jahreshoch von 7,9% bereits im Februar – sehr zögerlich, ja ängstlich.
BoE beispielhaft für ihre Zunft
Die BoE ist damit beispielhaft für ihre Zunft. Sie hat zu spät auf das Inflationsproblem reagiert. Sie hat keine Klarheit geschaffen, wie sie zukünftig mit Inflationsüberraschungen umgehen will. Zudem erhöht ihr übermäßig komplexer Ansatz für Prognosen und Kommunikation die wirtschaftliche Unsicherheit und untergräbt die Glaubwürdigkeit.
Ähnlich kommunikativ vergaloppiert hat sich die EZB. So war es schon ein Fehler, überhaupt das Inflationsregime zu ändern und einen Korridor anzukündigen, bei dem die 2% nur noch der Mittelstreifen sind. Vor allem ist bislang ungeklärt, wie man von hohen Inflationsraten wieder auf die 2% kommen will, wenn zugleich die Wirtschaft mies läuft: die augenblickliche Situation. So schleift der Anker über den Grund und das Inflationsschiff nimmt weiter Fahrt auf. Solange, bis Strömung und Winde nachlassen.