Das Board der US-Notenbank Fed dämpft erneut die Erwartungen in die Schubkraft der US-Wirtschaft auf lange Sicht. Zwar hat das höchste geldpolitische Entscheidungsgremium der USA eine erste Zinserhöhung 2015 um einen Viertelprozentpunkt sowie den stetigen Abbau der Anleihenkäufe durch die Zentralbank in der gestrigen Sitzung nicht infrage gestellt. Aber:
Weitgehend unbeachtet blieb die langfristige Einschätzung für den angemessenen Leitzins bei Vollbeschäftigung und Erreichen des Inflationsziels. Die Mehrheit der Fed-Mitglieder hat diesen Zins um einen Viertelprozentpunkt von 4% auf 3,75% nach unten gesetzt. Das kommt dem Eingeständnis gleich, dass sich die wirtschaftliche Dynamik der USA langfristig verlangsamt. Das bedeutet: Wachstumsmäßig kommen die USA über den Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre nicht hinaus. Gleichzeitig verschafft sich die Fed damit Spielraum, den Zins möglicherweise doch etwas länger unten zu lassen als es bisher Konsensannahme ist.
Die Zinsperspektive geht einher mit den langfristigen Wachstumserwartungen, die das Board hegt. Auch sie werden stetig herabgesetzt. Im September 2013 lag die Bandbreite der Erwartungen („central tendency“) zwischen 2,2 bis 2,5%. Im Dezember lag der obere Rand bei 2,4%, im März kam eine erneute Absenkung der Bandbreite von 2,2 bis 2,3%. In der gestern Nacht veröffentlichten Projektion sind es noch 2,1 bis 2,3%. Das ist Erwartungsmanagement in homöopathischen Dosen. Deutlich wird der Sprung im Vergleich mit der Projektion von vor einem Jahr: Im letzten Juni gingen die Langfrist-Wachstumserwartungen noch bis zu 3%. Sechs Boardmitglieder glaubten damals, der angemessene Zins würde bis auf 4,5% steigen, neun sahen ihn bei 4%.
Für 2014 hat die Fed ihre Wachstumserwartung – analog zum Internationalen Währungsfonds (IWF) – gegenüber dem März-Ausblick kräftig revidiert. Die Erwartungen wurden von 2,8 bis 3,0% auf jetzt nur noch 2,1 bis 2,3% gesenkt. Dort lag das Erwartungsniveau schon im letzten Herbst. Schuld war der harte Winter in den USA. 2012 lagen die Projektionen für dieses Jahr übrigens noch bei 3,1 bis 3,6%. Doch auch für 2015 und 2016 hat das Board den oberen Rand der Erwartungen von 3,3% bzw. 3,5% auf 3,0 und 3,2% zurückgenommen.
Fazit: Die US-Wirtschaft hat offensichtlich doch weniger Dampf unter der Haube, als erhofft. Das reicht zwar immer noch, um der Weltwirtschaft Impulse zu geben. Doch überwunden ist die Finanzkrise auch in den USA noch lange nicht. Anleger sollten deshalb Vorsicht bei den prognostizierten Unternehmensgewinnen und den Kurs-Gewinn-Verhältnissen walten lassen.