Den Jobwandel managen
Industrie 4.0 bringt mehr Flexibilität am Arbeitsplatz. Das kann zum Vorteil werden. Wenn sich denn alle – Arbeitnehmer, Unternehmen, Gewerkschaften und Politik – bewegen.
Das neue Industriezeitalter birgt noch nicht ausgelotete Produktivitätspotenziale, aber auch sozialen Sprengstoff. Neue Geschäftsmodelle ersetzen bestehende, ganze Tätigkeitsfelder dürften verloren gehen, und zwar mit rasanter Geschwindigkeit. Nur welche? Darauf gibt Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer beim Digitalverband Bitkom, radikale Antworten. Dieser Strukturwandel trifft auch akademische Berufe. Der Computer ersetzt unter Ausnutzung der riesigen digital verfügbaren Datenbestände Anwälte, Ärzte, Zahntechniker, Journalisten, Übersetzer, Banker, Finanzmanager. Kein Schachweltmeister hat die analytische Kapazität des IBM-Rechners Watson. Dieser stellt in wenigen Sekunden medizinische Diagnosen, für die Ärzte 160 Stunden lang Fachliteratur lesen müssten. Der Job-Wandel beschäftigt inzwischen intensiv Arbeitsministerium (BMA), Gewerkschaften, Sozialversicherungsträger. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) befürchtet ein akademisches Proletariat. Dies werde sich als Solo-Selbständige in schlecht bezahlten Projekten verdingen (müssen), die weltweit auf Plattformen ausgeschrieben werden. Andererseits sieht das BMA auch Chancen. Etwa bei der Vereinbarkeit von Familie(narbeit), Erziehung und Beruf. Ein Arbeitstag könnte in Schichten zerfallen: eine zur Schulzeit, die andere nach der Gute-Nacht-Geschichte für die Kleinen. Die Frage, ob dies dann als Spätschicht höher bezahlt werden muss, wird nach Signalen der Ministerin nicht zulasten der Arbeitgeber gehen. Ende 2016 wird das Arbeitsministerium zur Zukunft der (digitalen) Arbeit ein Weißbuch vorlegen. Darin wird es um Rente für Crowdworker gehen oder um die Frage, wie man mit Plattformen wie Uber umgeht, die sich selbst nicht als Arbeitgeber verstehen.
Fazit: Die Unternehmen werden sich noch erheblich umstellen müssen. Die Führungsstrukturen insbesondere in hierarchisch aufgestellten Konzernen sind bisher kaum auf die neue Arbeitswelt eingestellt.