Die Ursachen der Stotter-Konjunktur
Der Weltwirtschaft fehlt es mehr an Vertrauen in die Lösungskompetenz der Politik als an Geld.
Die sich verbreitende nachlassende Zuversicht in das Wachstum der Weltwirtschaft hat vor allem psychologische Gründe. Amerikanische Ökonomen, die die Lage im eigenen Lande nicht so optimistisch beurteilen wie der notorisch optimistische Weltwährungsfonds, nennen drei zentrale Ursachen für den trägen Gang der Weltwirtschaft. Obenan stehen die Nachwirkungen der großen Finanzkrise von 2008/09. Sie haben Bürger und Geschäftswelt weltweit zu einer ungewohnten Vorsicht bei der Schuldenaufnahme und im Sparverhalten veranlasst. Noch immer werden Schulden eher abgebaut, steigen nationale Sparquoten. Und noch immer horten große Unternehmen hohe Bargeldbestände statt zu investieren. Zukunftssorgen spielen dabei eine wichtige Rolle. Als zweite Ursache werden die großen, bis in die jüngste Zeit reichenden Ungleichgewichte im Welthandel genannt. Sie führten zu gewaltigen Handelsbilanz- und Devisenüberschüssen bei den einen (obenan China, aber auch Deutschland) und zu ebenso großen Defiziten bei den anderen (vor allem USA) mit den daraus resultierenden einseitigen Finanzströmen. Dritte Ursache ist das bekannte Phänomen der gesellschaftlichen Überalterung in den großen Industrieländern, USA eingeschlossen. Die Alterslasten steigen. Sie müssen budgetär aufgefangen werden. Der einfachste Weg ist die Schuldenaufnahme. Ausgabeneinschränkungen oder Steuererhöhungen stehen nirgends zur Debatte. Die Staatsschulden wachsen, werden aber nicht produktiv zu (Infrastruktur-)Investitionen verwendet, sondern finanzieren den Staatsverbrauch. Europa hat zudem den kostspieligen Hang zum Wohlfahrtsstaat. Alle drei Ursachen wirken in die gleiche Richtung. Sie beschneiden jede für sich die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen. Das Übel wird dadurch verschärft, dass sie heute simultan und damit einander verstärkend wirken. Der Ausweg, den Amerikaner, IWF und Europäische Kommission vorschlagen, heißt schuldenfinanzierte staatliche Neuinvestitionen. Das kann natürlich Impulse setzen. Es ist aber auch hochriskant. Wenn der Staat das Geld nicht sehr sorgfältig und überlegt einsetzt, baut er am Schuldenturm, ohne die Zuversicht der Haushalte und Unternehmer zu stärken. Die US-Notenbanken hat zur Bekämpfung der Finanzkrise ihre Bilanz auf 3,6 Billionen Dollar aufgeblasen. Das nominale BIP wuchs im selben Zeitraum bloß um 2,5 Billionen. Auch beobachten Unternehmer sehr genau, ob sich Italiens und Frankreichs Regierungen vom gerade erst begonnenen Reformkurs gleich wieder absetzen. Sie gelten längst als notorisch unzuverlässig, groß mit dem Mundwerk, klein an Taten. Das schafft ebenfalls kein Vertrauen als Grundlage für Investitionen.
Fazit: Was der Weltwirtschaft fehlt, sind langfristig rentable Ideen, ganz gewiss nicht Geld. Erst wenn diese identifiziert sind, ist die Chance staatlicher Investitionen größer als das Risiko einer weiter wachsenden Neuverschuldung.