In Japans Wirtschaft und Politik wächst die Spannung vor der morgigen Mehrwertsteuererhöhung um drei Prozentpunkte von 5 auf 8%. Vor allem Einzelhändler fürchten einen spürbaren Konsumeinbruch infolge der Steuermaßnahme. Sie haben in den vergangenen Wochen verstärkt Gutscheine verkauft, die sich noch nach der Steuererhöhung einlösen lassen. Doch das wird nur kurz wirken, fürchten sie. Viele Verbraucher sagen in Umfragen, sie würden in der Zukunft ihre Ausgaben des täglichen Bedarfs zurückfahren. Die Regierung setzt auf die Unternehmen. Sie sollen die Löhne parallel zu den Steuern anheben, fordert Premier Shinzo Abe. Bisher verhallte die Aufforderung jedoch weitgehend ungehört. Geringfügige Lohnsteigerungen fraß die langsam anziehende Inflation. Insgesamt ist die Kaufkraft der Privathaushalte rückläufig. Zugleich will die Regierung mit Steuerkürzungen an anderer Stelle und erhöhten staatlichen Konsumausgaben einem Wirtschaftseinbruch entgegen steuern. Dieser würde die zaghafte wirtschaftliche Erholung Japans der letzten Monate zunichtemachen. Und damit womöglich alle Hoffnungen, aus dem deflationären Abwärtsstrudel noch einmal aufzutauchen. Bei einer Staatsverschuldung von 245% des BIP und der ältesten Bevölkerung aller Industrieländer hat Japan nichts mehr zuzusetzen. Auch eine weitere Runde der Notenbank, mit unorthodoxen Maßnahmen – dem Kauf von Staatspapieren – einzugreifen, hätte wenig Aussicht auf Erfolg. Ein Problem ist, dass die Notenbank bisher zwar den Yen erfolgreich im Außenwert gedrückt hat. Das aber kommt nur einigen großen, exportgetriebenen Firmen zugute. Der japanische Mittelstand hat wenig davon – und kann daher auch nicht großzügig bei den Löhnen sein.
Fazit: Wie schon 1997 ist die Mehrwertsteuererhöhung in Japan ein riskantes, aber unumgängliches Experiment. Reagieren die Verbraucher wie vor 15 Jahren mit Konsumverzicht, wird es sehr eng für Abes Versuch, die japanische Volkswirtschaft noch einmal zu reanimieren und mit der Sanierung des Staatshaushalts zu beginnen.