Die SPD verschiebt den Konflikt mit der Union über die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse in die Zukunft. Im Vorfeld der Stellungnahme der EU-Kommission am Mittwoch hatte ein Papier aus dem Bundeswirtschaftsministerium von SPD-Chef Sigmar Gabriel die Runde gemacht, das „exzessive und dauerhafte Ungleichgewichte“ in den Handelsbilanzen der Eurostaaten als „schädlich für die Stabilität der Eurozone“ bezeichnet. Dies war verschiedentlich als Bruch mit der bisherigen Linie der Bundesregierung gewertet worden. Davon will das BMWi jedoch nichts wissen. Das Ministerium hält derzeit keine weiteren Maßnahmen zur Überschuss-Reduzierung für notwendig. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Mehrinvestitionen in die Infrastruktur, der Mindestlohn und die Entlastung der Bundesländer würden bereits zum Abbau der Ungleichgewichte beitragen, so das Ministerium. Deutschland käme damit seiner Verantwortung nach, „Spannungen in der Eurozone entgegenzuwirken“. Gleichzeitig kommt das BMWi aber zu dem Schluss, dass diese Maßnahmen den Überschuss in den nächsten zwei Jahren nicht unter die von Brüssel geforderte 6%-Marke drücken können. Hintergrund der widersprüchlichen Kommunikation ist eine langfristig angelegte Strategie. Momentan ist die SPD noch mit der Umsetzung ihrer Renten- und Mindestlohn-Pläne beschäftigt. Außerdem belastet die Edathy-Affäre weiterhin das Koalitionsklima. Daher vermeiden die Sozialdemokraten den allzu direkten Konflikt. Hinter den Kulissen arbeitet die SPD jedoch darauf hin, die Leistungsbilanz-Debatte zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzugreifen. Im Kern geht es darum, Steuererhöhungen für Spitzenverdiener durchzusetzen. Denn der eigentliche Streit zwischen den Koalitionären dreht sich weniger um die Frage, ob Investitionen und Binnenkonsum angekurbelt werden sollen. Es geht vielmehr darum, wie diese finanziert werden können. Die Schuldenbremse lässt der Politik kaum Spielraum für eine Ausweitung des staatlichen Defizits. Die notwendige Gegenfinanzierung kann also nur über eine Ausweitung der staatlichen Einnahmen funktionieren. Egal, ob bei der Abschaffung der kalten Progression, zusätzlichen Infrastrukturinvestitionen oder der Wiedereinführung der degressiven Abschreibung – es war das „Nein!“ der CDU zu Steuererhöhungen, das diese Maßnahmen bisher verhindert hat.
Fazit: Die SPD wird die Debatte um die deutsche Exportbilanz zu einem späteren Zeitpunkt als Druckmittel nutzen, um erneut für Steuererhöhungen zu trommeln. Unternehmer können sich langfristig auf Maßnahmen zur Ankurbelung der Investitionstätigkeit und der Binnenkonjunktur in Deutschland freuen. Mit Blick auf das Privatvermögen ziehen dafür aber Steuererhöhungswolken am Horizont auf