Konjunktur: Die unbekannten Konsumenten
Wie sich deutsche Konsumenten entscheiden, kann die Wirtschaftsforschung immer weniger nachvollziehen.
Die deutschen Konsumenten sind den Wirtschaftsforschern zunehmend ein Rätsel. Die Forschungsinstitute bekennen dies in ihrer gerade vorgelegten Gemeinschaftsprognose ganz offen. Die Defizite ihrer Erkenntnisse spiegeln sich in den Kommentaren der Gesellschaft für Konsumforschung. Für den Rückgang des GfK-Index der privaten Verbraucher gibt es keine schlüssige Erklärung. Jedenfalls hat er – anders als die Gesellschaft meint – nichts mit Terror oder Brexit zu tun. Für deren Behauptung fehlt jeder Beleg. Sie verweisen folglich auch vor allem auf den Rückgang des Ifo-Index infolge der Brexit-Entscheidung. Dumm nur: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der GfK-Kommentierung (28.9.) war bereits der neue Ifo-Index erschienen – mit einer satten Wende zum Positiven. Unklar ist, wie die Tendenz zu kleineren Haushaltsgrößen den Konsum beeinflusst. Auch der wachsende Anteil ausländischer Bevölkerung auf die Konsumstruktur ist eine unbekannte Größe. Unterstellt wird einfach ein gleiches oder zumindest ähnliches Konsumverhalten wie bei der einheimischen Bevölkerung. Das vernachlässigt die jährlichen Langzeitreisen ins Heimatland und die Überweisungen dorthin fürs Familienhäuschen. Sie reduzieren das verfügbare Einkommen hier. Auch das stärkere Gewicht der Dienstleistungen wird in den Konsumindikatoren unterschätzt. Hier müssten neue Instrumente zur zeitnahen Datenerhebung her. Auf jeden Fall verlieren nach Ansicht der Forschungsinstitute die Einzelhandelsumsätze als Indikator für die kurzfristige Konsumentwicklung an Aussagekraft. Auch mit den Sparern fremdeln die Wirtschaftsforscher. Die Sparquote sank in den 1990iger Jahren von 14% des verfügbaren Einkommens auf 9% im Jahr 2000. Das Angstsparen blieb aus. Dann stieg sie auf 10,5% (2008) und fiel danach wieder auf 9% (2013). Jetzt liegt sie bei 9,5%. Es gibt laut Instituten auch keinen erkennbaren Zusammenhang mit den Realzinsen.
Fazit: Der private, teilweise unbekannte Konsument trägt über die Hälfte zum BIP bei. Es wird Zeit, dass er besser als bisher eingeschätzt werden kann. Vielleicht wissen ja Google, Amazon &Co. mehr.