Maut keine Bedrohung für Handel
Der volkswirtschaftliche Schaden durch die Pkw-Maut lässt sich nicht seriös beziffern. Die Panikmache für Grenzregionen ist übertrieben.
Die Diskussion über vermeintliche volkswirtschaftliche Schäden im grenznahen Raum durch die Pkw-Maut entbehrt jeder Grundlage. Laut Handelsverband HDE fürchten Einzelhändler in Grenzregionen um wesentliche Teile ihrer Einnahmen. Etliche Unternehmer seien durch die Maut bedroht, ganze Geschäftsmodelle seien zum Scheitern verurteilt. Der Aufschrei von Verbänden und Politikern ist laut. Vor allem die Deutsch-Niederländische Handelskammer und die IHK Nordrhein-Westfalen wettern gegen die Pläne von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Touristen aus den Niederlanden würden das Sauerland künftig meiden. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) fordern schon Sonderreglungen für grenznahe Regionen. Das Regionalparlament der deutschen Region in Belgien warnt vor negativen Folgen für die Pendler und den Einzelhandel. Selbst die Verkehrsflughäfen in Grenznähe fürchten um ihre Kunden. Aber: Die Verbände und Handelskammern bewegen sich in der Diskussion auf faktenfreiem Territorium. Wir haben nachgefragt: Weder das Bundeswirtschaftsministerium noch das Bundesverkehrsministerium konnten unsere Anfragen zu prognostizierten Ausfällen in Grenzregionen beantworten. Mögliche Ausfälle wurden bisher nicht einmal ansatzweise berechnet. Bislang hat auch keines der vielen wirtschaftswissenschaftlichen Institute in Deutschland eine solche Rechnung angestellt. Selbst der Handelsverband Deutschland, der lautstark vor den negativen Folgen der Maut warnt, hat dafür keine konkreten Zahlen vorgelegt. Also haben wir einmal überschlägig und ganz grob über den Daumen die möglichen Folgen kalkuliert. Zehntageskarten sollen 10 Euro, Zwei-Monatsvignetten 20 Euro kosten. Die maximale Maut für ein Jahr soll 103,04 Euro (Benziner) oder 112,35 Euro (Diesel) betragen. Somit kostet die Jahres-Maut ganze 8,61 Euro (Diesel 9,36 Euro) pro Monat. In Beziehung gesetzt zum durchschnittlichen verfügbaren Geld für Einkäufe im Einzelhandel relativiert sich die Zahl. So hatte jeder Deutsche 5.329 Euro im Jahr nur für Einzelhandelskäufe zur Verfügung (444 Euro p.M.). Der durchschnittliche Warenkorb bei einem einzigen Einkauf beträgt 84 Euro. Spart ein Grenzgänger bei einem Einkauf 10% im Vergleich zu seinem Heimatort, ist die teuerste Vignette im Monat schon fast bezahlt. Diese Preise dürften also keinen Kunden von einer Shopping-Tour abhalten. Auch Pendler, die eine gut bezahlte Stelle haben, werden kaum wegen zusätzlicher Kosten von 10 Euro pro Monat kündigen.
Fazit: Die Maut ist keine existenzielle Bedrohung für grenznahe Einzelhändler und Unternehmer.