Temer kauft sich frei
Das Unterhaus lehnt mit klarer Mehrheit ab, gegen Michel Temer Anklage zu erheben.
Brasiliens Interimspräsident Michel Temer dürfte seinen Korruptionsskandal überstanden haben. Das Unterhaus lehnte mit klarer Mehrheit ab, gegen ihn Anklage zu erheben. Ein Trumpf: Seine Regierung brachte ein Gesetz durch das Parlament, welches alle illegalen Landnahmen im Amazonasgebiet seit 2011 mit außerordentlichem Rabatt nachträglich legalisiert. Das dem Staat gestohlene Land wird mit Abschlägen bis zu 90% auf den staatlichen Index übertragen (also teilweise zu 10% des offiziellen Wertes abgegeben), wobei dieser Index häufig unter den Marktwerten liegt. Hinter dieser illegalen Landnahme stehen vor allem die etablierten Eliten Brasiliens, die stark in der Viehzucht und Fleischproduktion engagiert sind und dafür große Flächen benötigen. Dieser Rinder-Lobby („beef caucus“) werden 207 der insgesamt 513 Abgeordneten des Unterhauses zugerechnet. Die jetzt sanktionierten Besitzer machen durch Legalisierung nach Schätzungen von Umweltorganisationen einen Profit von umgerechnet 150 bis 200 Mio. US-Dollar.
Gleichzeitig hat die Regierung die Staatsausgaben vor allem bei den Investitionen weiter gekürzt. Grund ist, dass die Steuereinnahmen immer noch unter den Ansätzen und die Defizite über den Zielvorgaben liegen. Die staatlichen Investitionen wurden von 36 Mrd. Reais auf 19,7 Mrd. Reais gekürzt. Die Defizitquote lag zuletzt bei 2,7% und damit noch über dem Ziel der Regierung. Unterdessen ist die Inflation auf 2,8% zurückgefallen. Das gab der Notenbank weiteren Spielraum für Zinssenkungen um 100 Basispunkte auf 9,25%.
Fazit: Selbst wenn Temer damit vorerst unangreifbar ist, schwelt Brasiliens politische Krise weiter. Das bedroht auch die wirtschaftlichen Erfolge.