Die Befürworter von TTIP haben eine Kompromisslinie gefunden, dem Handelsabkommen mit den USA doch noch bis zum Jahresende den Weg zu ebnen. Die insbesondere in Deutschland heiß umstrittenen Sondergerichte (Schiedsgerichte) sollen zunächst nicht ins Abkommen aufgenommen werden. Sie könnten später nachverhandelt werden. Möglicherweise ersetzen sie neue juristische Instanzen mit ähnlicher Aufgabe (bei Enteignung oder Diskriminierung gegenüber inländischen Firmen). Gleichzeitig sollen die Sektoren Kultur – Europas „rotes Tuch“ – und Rüstung – der No-Go-Sektor der Amerikaner – außen vor bleiben. Staatliche Subventionen in den Filmsektor – für deutsche und französische Filmschaffende die Überlebensgarantie – dürfen bleiben. Sie können nicht angefochten werden, hören wir in Brüssel.
Damit räumt man die härtesten Widerstände weg. Auf diesen Gebieten werde nicht sachlich, sondern hoch emotional diskutiert, sagt man uns in Brüssel. Das bekomme man rechtzeitig nicht in den Griff. Ein Indiz: Es gibt 1,7 Millionen Einwendungen, die in Brüssel eingegangen sind. Herunter geladen wurde der im Internet frei verfügbare Verhandlungsstand bisher rund 10.000 Mal. Ziel ist es aber, mit der Obama-Administration noch ein Ergebnis hinzubekommen. Sie tritt Ende 2016 ab.
25 von 28 Ländern in Europa stehen inzwischen hinter dem Abkommen. Rückenwind bekommt TTIP, da sich zahlreiche EU-Regierungen davon einen zusätzlichen Impuls für die sich langsam wieder belebende Konjunktur erwarten. Das gilt für Madrid, Rom und Paris gleichermaßen. Wie groß der Impuls ist, ist jedoch unter Ökonomen heftig umstritten. Berechnungen gehen von einem BIP-Zuwachs für Europa von 0,04% bis über 4% aus.
Fazit: Inzwischen haben sich selbst große Industrieverbände (BDI) damit abgefunden, die „Kröte“ des Wegfalls der Schiedsgerichte zunächst zu schlucken. Sie rechnen jetzt aber fest damit, dass das Abkommen noch innerhalb der nächsten zwölf Monate von Europa und den USA unterschrieben wird.