Die Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihren Konjunkturausblick für Deutschland nach oben korrigiert. In der turnusmäßig vorgelegten Gemeinschaftsdiagnose samt Schätzung für 2015/16 kommen sie auf 2,1% Zuwachs – statt 1,2%, wie noch im Winter erwartet. Für das nächste Jahr erwarten sie 1,8%. Hintergrund ist zum einen der entlastende Effekt der niedrigen Ölpreise und ein weiterer Exportzuwachs. Dieser geht auf den schwächer als angenommen tendierenden Euro zurück. Entsprechend sehen die Eckdaten der Prognose einen Anstieg des Überschusses in der Leistungsbilanz von 7,6% auf 8,5% vom BIP vor. Auch der Überschuss des Staates soll steigen: von 18 Mrd. Euro (2014) auf 25,6 Mrd. Euro (2016). Das entspricht einem Überschuss von 0,6% bzw. 0,8% am BIP. Überraschend, was als Faktor nicht genannt wird: die Geldpolitik der EZB (die quantitative Lockerung). Sie spielt jenseits des schwächeren Euro offenbar keine Rolle für das Ergebnis.
Der Doppel-Überschuss – fiskalisch und gegenüber dem Ausland – wird zu Auseinandersetzungen mit der EU und den USA führen. Sie erwarten von der deutschen Politik eine fühlbare Stärkung der Nachfrage. Diese würde einen sinkenden Überschuss nach sich ziehen. Auch auf nationaler Ebene ist fraglich, ob die straffe Finanzpolitik der Lage gerecht wird. Offenbar werden die fiskalischen Überschüsse durch den Verzicht auf die Erhaltungsmaßnahmen für die öffentliche Infrastruktur, also nicht liquiditätswirksamen Kapitalverbrauch, erzielt.
Fazit: Deutschland finanziert Investitionen des Auslands (erkennbar am Überschuss der Leistungsbilanz) durch den verdeckten, ersatzlosen Verzehr des staatlichen Infrastruktur-Kapitals (Grundlage des fiskalischen Überschuss). Wir erzielen dadurch letztlich nur einen Zuwachs des Netto-Geldvermögens.