Vor der Wende am Arbeitsmarkt
Nach fünf Jahren Beschäftigungszuwachs droht Personalabbau. Die Wirtschaft hat zu viele Arbeitskräfte „gebunkert“.
Binnenkonjunktur und Haushalte verlieren ihre verlässlichste Stütze: den Zuwachs an Arbeitsplätzen. Seit 2010 schufen die Unternehmen im Inland 1,6 Mio. neue Arbeitsplätze. 2015 droht ein Abbau. Denn von den 42,6 Mio. Beschäftigten sind 400.000 „zu viel an Bord“. Dies ergibt sich aus einer Modellrechnung der Industriekreditbank (IKB). Der Überhang hat sich seit 2012 aufgebaut. Die Arbeitgeber beschäftigten in Erwartung guter Konjunkturzahlen und Fachkräftemangels auf Vorrat. Doch jetzt erweist sich das Wirtschaftswachstum als zu niedrig und die Lohnabschlüsse als zu hoch, um diese Leute zu halten.
Die Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute rechnet noch mit 50.000 neuen Arbeitsplätzen im nächsten Jahr. Die IKB befürchtet dagegen angesichts des Personalüberhangs einen Rückgang. Dafür sorgen zusätzlich auch Unsicherheiten zur Wirkung des Mindestlohns. Einen Abbau der Arbeitslosigkeit hat es schon bisher trotz der vielen neuen Stellen nicht gegeben. Die Durchschnittszahl pendelt seit 2011 um 2,9 Mio. Tendenz: Leicht steigend. Von dieser Seite kommt keine Entlastung für den Arbeitsmarkt und die Sozialkassen. Bei schwachen Wachstumsaussichten und vergleichsweise überhöhten Lohnsteigerungen gibt es keinen Anreiz zu Investitionen im Inland. Die IKB erwartet auch deshalb vermehrte Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft bei gleichzeitigem Personalabbau im Inland. Das könnte sich nur bei einer erhofften Wachstumsbelebung 2016 ändern. Die Spendierfreude der Regierung rächt sich womöglich schneller als gedacht. Das hat Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte. Die Institute befürchteten bereits, dass aus 0,3% Überschuss vom BIP in diesem Jahr 2015 nur noch 0,1% verbleiben. Ein Abrutschen in die roten Zahlen ist nicht auszuschließen. Wir haben stets auf den Arbeitsmarkt als Basis gesunder Haushalte hingewiesen. Fazit: Gibt es keine zusätzlichen Impulse durch das Auflösen der Investitionsblockaden (Energiewende, neue Sozialleistungen) wird sich die Regierung noch umschauen. Nur eines scheint damit gesichert: Spannung im Bundestags-Wahljahr 2017, wenn die Folgen am Arbeitsmarkt deutlicher sichtbar werden.