Langfristiger Wirtschaftstrend im Reich der Mitte intakt
Die Nachrichten über das andauernde Drama um den chinesischen Immobilienkonzern Evergrande reißen nicht ab, sind aber kein Grund zur Panik. Rund 300 Mrd. Dollar Verbindlichkeiten stehen dort im Feuer. Vorige Woche hatte Evergrande erneut einige Zinszahlungen für seine Offshore-Anleihen nicht geleistet. Die internationalen Anleihen des Unternehmens gelten als notleidend, nachdem im vergangenen Monat fällige Zinsen definitiv ausgefallen sind. Außerdem verhandelt Evergrande über die Aussetzung von Zinszahlungen und einen Aufschub von sechs Monaten.
Evergrande ist kein System-Risiko
Eine tiefer gehende Bedeutung haben die Zahlungsschwierigkeiten von Evergrande aber kaum. Zwar klingt das Volumen von 300 Mrd. Dollar Schulden nach viel. Im Verhältnis zur chinesischen Volkswirtschaft ist diese Größenordnung aber zu vernachlässigen. Einerseits ist es sehr unwahrscheinlich, dass sämtliche Anleihen restlos ausfallen. Wichtiger ist aber: Auch bei einem Ausfall wird keine Zahlungsbilanzkrise (credit crunch) und darum auch kein gesamtwirtschaftliches Problem in China entstehen.
Hinzu kommt, dass die Regierung in Peking dafür sorgen wird, dass der Fall Evergrande nicht über die Landesgrenzen hinweg ausstrahlt. "Wo immer Ausländer einwandfreie Forderungen gegen den Staat haben, wird Peking zahlen ohne zu zucken, während die impliziten Garantien sich im Zweifel als Schall und Rauch erweisen", die die Einschätzung unseres Beobachters. In keinem Fall wird Peking riskieren, dass Chinas internationale Zahlungsfähigkeit negativ tangiert wird.
Wachstumstrend noch lange intakt
Die Perspektiven Chinas werden langfristig von anderen Faktoren bestimmt. Wichtig ist zunächst der nach wie vor bestehende Rückstand gegenüber den westlichen Staaten. Der liegt gemessen am BIP pro Kopf bei 1 zu 3 bis 1 zu 4 (z. B. gegenüber Deutschland). Allein dieses Gefälle bleibt ein Antrieb für trendmäßig hohe Wachstumsraten.
Der Yuan dürfte vor diesem Hintergrund trotz der Evergrande-Probleme mittel- und langfristig stabil blieben. Das entspricht den Zielen der politischen Führung und den erkennbaren ökonomischen Faktoren. Die unverändert anfallenden Überschüsse der Leistungsbilanz untermauern diese Stabilität.