Die Stärke des Euro mit Kursen um 1,16 bis 1,17 zum Dollar spiegelt die über den Erwartungen liegende Dynamik der Eurozone. Diese tritt etwa in der jüngsten Revision des IWF-Ausblicks zutage. Der IWF begründet seine Aufwärtsrevision auf 1,9% und 1,7% für 2017/18 (zuvor 1,7% und 1,6%) vor allem mit Fortschritten in Spanien, Italien und Frankreich. Diese sind an guten Wachstumsraten im 1. Quartal ablesbar und werden durch vielversprechende Daten vom aktuellen Rand unterfüttert. So hat die Industrieproduktion weiter angezogen und lag zuletzt 4% über dem Vorjahresniveau, gestützt auf einen starken Export (im Mai +12,9% ggü. Vj.). Die Umsätze der Einzelhändler wachsen demgegenüber mit +2,6% nicht ganz so stark. Aber die Richtung stimmt auch hier.
Die Stimmungsindikatoren sind entsprechend positiv. Das betrifft sowohl Konsumenten wie Unternehmen. Beide Seiten vertrauen auf die Fortsetzung des Aufwärtstrends. Die Inflationsrate liegt mit zuletzt 1,3% zwar noch nicht am Ziel (2%) aber so klar im positiven Bereich, dass von Deflation schon lange nicht mehr die Rede ist. Zudem deutet der jüngste Kreditmarkt-Bericht der EZB darauf hin, dass sich die Kreditkonditionen für Unternehmen weiter lockern. Das dürfte die Investitionsneigung unterstützen.
Vor diesem Hintergrund gibt es wachsende Spekulationen über die Straffung der EZB-Politik. Diese Spekulationen über ein Ende des Ankaufprogramms und nachfolgend steigenden Zinsen treiben den Euro-Kurs ebenfalls nach oben. Allerdings dürften die aktuellen Kurse übertrieben und zu einem guten Teil durch die Enttäuschung der Hoffnungen auf die USA begründet sein. Wir erwarten ein sehr vorsichtiges Vorgehen der EZB, die vor allem darauf bedacht sein wird, die laufende Erholung und die aktuellen Erfolge (Rückkehr Griechenlands an den Kapitalmarkt) nicht zu gefährden.
Fazit: Wir erwarten keine schnelle Straffung der Geldpolitik. Der Euro könnte seinen Sprung gegenüber dem Dollar leicht korrigieren. Nach dem Überwinden der fast zwei Jahre bestehenden Hürde bei 1,15 EUR/USD gibt es aber ein neues mittelfristiges Währungs-Szenario mit 1,15 als Euro-Untergrenze.