Die Kapitalmärkte werden 2015 schwankungsanfälliger sein als im vergangenen Jahr – aber sie bieten zahlreiche gute Rendite-Chancen. Für diese Prognose sprechen die Zinsperspektive, die voraussichtliche Dollar-Entwicklung und der gesunkene Ölpreis. Alle drei wichtigen Motoren werden die Kurse antreiben.
Wir bevorzugen Aktien klar vor Anleihen – und favorisieren dabei Europa vor den USA. Zwar spricht der steigende Dollar für Wechselkursgewinne in Übersee. Aber die US-Börsen sind bereits im vergangenen Jahr sehr gut gelaufen. Der Dow-Jones-Index kletterte binnen Jahresfrist von 16.500 Punkten auf 18.000 Zähler – mit einem Tief Anfang Februar bei 15.500 Punkten. Damit legte der Dow vom Tiefpunkt um 17% zu und ist relativ zum Euro Stoxx oder auch zum DAX schon teuer. Zudem haben US-Aktien europäische Titel währungsbereinigt um 17% überflügelt. Für europäische Aktien spricht außerdem, dass die Zinsen in der Eurozone mit Sicherheit länger auf Rekordtiefständen gehalten werden als in den USA.
Die Entwicklung der Gewinndynamik dürfte in Europa, voran in Deutschland, besser sein als in den Vereinigten Staaten. Gerade den vielen, gut aufgestellten deutschen Exporteuren wird der steigende Dollar im Jahresverlauf Vorteile bringen. Denn die im Ausland erwirtschafteten Dollar-Erlöse werden über den Wechselkurs die Euro-Gewinne noch zusätzlich nach oben hebeln. Etliche deutsche Unternehmen werden davon doppelt profitieren: aufgrund der allmählich anziehenden Konjunktur (auch in Euroland) und wegen der Wechselkursgewinne.
Vor diesem Hintergrund erwarten wir, dass sich die europäischen Börsen in diesem Jahr besser entwickeln werden als die US-Aktienmärkte. Der Fokus sollte bei Investitionen weiter auf international aufgestellte Unternehmen gerichtet sein. Wenn diese noch eine ordentliche Dividendenrendite (ab 3%) aufweisen, sind sie kaufenswert.
Den Anleihenmärkten stehen wir weiterhin sehr kritisch gegenüber. Der Hauptgrund für unsere Zurückhaltung liegt insbesondere darin, dass diese Märkte extrem politisch verzerrt sind. Die Notenbanken aus den USA, Japan, Großbritannien und Europa haben die Bondmärkte mit ihren Zinsschritten und Anleihenkäufen weiterhin fest im Griff. Beredter Beleg: Die Bilanzsumme aller Zentralbanken weltweit liegt bei 22,6 Bio. US-Dollar. Das ist mehr als das summierte Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA und Japans.
Ihren Griff werden die Notenbanken in den nächsten Monaten – wenn überhaupt – nur in Nuancen lockern können. Daher werden rund um den Globus die Risiken an den Anleihenmärkten auch 2015 nicht angemessen verzinst. Weltweit erbringen 50% aller Staatsanleihen weniger als 1% Rendite. Zweistellige Renditen liefern nur in Dollar begebene Staatsbonds aus dem akut pleitegefährdeten Venezuela (23%) und der umkämpften Ukraine (16%). Daneben notieren in Lokalwährung denominierte Staatsanleihen aus Ägypten (14%), Nigeria (13%), Brasilien (12%) und Russland (17%) im zweistelligen Bereich. In all diesen Ländern sind die Risiken beträchtlich und die Währungen stehen momentan enorm unter Druck. Nur mutige Anleger setzen mit einer kleinen spekulativen Position darauf, dass der akute Abwertungsdruck auf die Währungen im Jahresverlauf nachlässt und sich die jeweiligen Krisen beruhigen. Damit könnten in diesen Staaten deutlich steigende Anleihenkurse einhergehen. Das halten wir insbesondere für Brasilien und Russland für möglich.
Auch Gold rückt langsam wieder in den Fokus. Das Edelmetall dürfte von der Suche nach rentierlichen und relativ sicheren Anlagemöglichkeiten profitieren. Das Edelmetall könnte zum Ersatz-Investment für die immer unattraktiveren Anleihen werden. Wenn nämlich Anleihen keine Zinsen mehr bringen, verliert Gold einen seiner größten Nachteile gegenüber dieser Anlageklasse.
Nach dem Preissturz auf derzeit um die 1.200 US-Dollar je Feinunze hat die Abwärtsdynamik beim Goldpreis inzwischen spürbar nachgelassen. Viele Investoren, die 2011 noch auf steigende Kurse gesetzt hatten, haben dem Markt wieder den Rücken gekehrt. So pendelt sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage nach dem Edelmetall allmählich wieder ein.
Wir rechnen damit, dass sich der Goldpreis nun mittelfristig stabilisiert. Ein charttechnisch bedingtes Abrutschen der Goldnotierungen auf 1.000 US-Dollar je Feinunze halten wir aber für möglich. Das könnte auch durch einen weiteren Dollar-Anstieg ausgelöst werden. Für Investoren aus Europa dürfte das am Goldpreis unter dem Strich aber kaum etwas Wesentliches ändern. In jedem Fall bieten sich in der Bandbreite 1.000 bis 1.200 wieder Kaufkurse für Strategen, die ihr Vermögen mit dem Edelmetall gegen Krisen absichern wollen. Mehr als 5% des Vermögens sollten aber nicht mit Gold gegen einen Finanz-GAU abgesichert werden.
Fazit: Die Kapitalmärkte werden 2015 zahlreiche Chancen bieten. Wir rechnen mit höherer Volatilität und kaufen bei Korrekturen konsequent Value-Aktien ein. Dabei favorisieren wir Europa, den US-Dollar und US-Aktien halten wir. Außerdem setzen wir spekulativ auf ausverkaufte Märkte und gefallene Engel.