Schweiz: Harte Jahre voraus
Nach Wechselkurs-Schock & Co. stehen der Schweiz ungemütliche Zeiten bevor.
Nach dem Wechselkursschock schaltet die Schweiz auf Rezession und Deflation. Die Aufwertung des Franken um 20% treibt Unternehmer und Manager zum Handeln. Breitflächig gelten Einstellungsstopps. Die Wochenarbeitszeiten werden erhöht, teilweise bis auf 45 Stunden. In den Top-Etagen werden Pläne zur Produktionsverlagerung ins Ausland geschmiedet. Denn so schnell rechnet niemand mehr mit einer fundamentalen Besserung der Rahmenbedingungen. Heftig wird es für den vor allem national produzierenden Mittelstand der Schweiz. Vielen Zulieferern wird die Luft ausgehen, wenn die Industrie ihre Produktion ins Ausland verlagert: ein wenig nach Deutschland, aber vermehrt nach Osteuropa und Asien. Das Preisniveau sinkt. Der Einzelhandel (Autos, Möbel, Lebensmittel) vergibt Euro-Rabatte von bis zu 20%. Einige Wintersportregionen versprechen ihren Besuchern „Euro-Preise“, was ebenfalls auf erhebliche Rabattierungen hinausläuft – und die Gewinnmargen Richtung Null treibt. Die Inflationsprognose des Bundesamtes für Statistik vom Dezember 2014 lag nur bei +0,2%. Das dürfte deutlich zu hoch gegriffen sein. In den nächsten Tagen erwartet die Schweizer Wirtschaft die Regierungsvorlage zum Einwanderungsgesetz. Sie resultiert aus der Volksabstimmung von vor einem Jahr und hätte längst vorliegen müssen. Doch die Regierung fürchtet die Verhandlungen mit der EU. In den bilateralen Verträgen hatte die Schweiz zahlreiche wirtschaftliche Freizügigkeiten mit der EU verhandelt, die nun auf dem Spiel stehen: im Beschaffungswesen, im Land- und Luftverkehr etc. Wenn die Schweiz nur eine Vereinbarung wie die Freizügigkeit außer Kraft setzt, sind alle anderen Regelungen ebenfalls hinfällig. Am liebsten möchte die Schweizer Wirtschaft das Abstimmungsergebnis rückgängig machen. In Bern heißt es, Brüssel sei nicht bereit, in Verhandlungen auch nur einen Fußbreit nachzugeben. Es werden bereits Unterschriften für eine erneute Initiative gesammelt. Pessimisten sehen für die Eidgenossen bereits japanische Verhältnisse voraus. Diese gründen nicht nur auf den derzeitigen Schocks. Die Bevölkerung altert schnell. Und: Zwei Drittel der schweizerischen Vermögen sind vererbt. Beides zehrt an der ansonsten ausgeprägten Innovationsfähigkeit und an der individuellen Antriebskraft des Alpenlands. Inzwischen sind Sachbearbeiter in der kantonalen Verwaltung besser bezahlt als gleichartige Stellen in der Wirtschaft.
Fazit: Der Schweiz stehen einige harte Jahre bevor. Für deutsche Unternehmen ergeben sich zugleich Chancen auf strategische Übernahmen.