Spekulation auf neuen Notenbank-Treibstoff
Die Märkte bleiben volatil - und es darf weiter übe die Politik der Notenbanken spekuliert werden.
Börse paradox: Das Nachrichtenumfeld ist durchwachsen, aber die Aktienkurse in Europa starten durch. Der DAX hat binnen weniger Tage kräftig zugelegt und ist sogar über die psychologisch wichtige Marke von 10.000 Punkten geklettert. Haupttreiber sind Spekulationen über einen neuen Treibstoff-Kick durch die Notenbanken. Heute (Donnerstag) hat die Bank of England (BoE) die hochfliegenden Hoffnungen vieler professioneller Anleger aber enttäuscht. Die meisten hatten nach dem Brexit-Votum mit einer Zinssenkung durch die BoE gerechnet. Zentralbank-Chef Mark Carney hielt sein Pulver aber trocken: Die Leitzinsen bleiben unverändert bei 0,5%. Die Reaktion ist im DAX-Chart klar zu sehen. Nach der Entscheidung bewegte sich der Index senkrecht nach unten, rutschte kurzzeitig unter 10.000 Zähler. Diese Bewegung zeigt, dass Anleger weiter mit hoher Volatilität rechnen müssen. Sie zeigt aber auch, dass die Investoren voll auf die Notenbanken vertrauen und daran glauben, dass sie den Markt vor einem totalen Einbruch bewahren. Denn der Kursrutsch wurde sofort wieder aufgeholt. Nun richten sich die Blicke auf die Europäische Zentralbank (EZB) und die Fed in den USA. EZB-Chef Mario Draghi wird die Märkte nächsten Donnerstag zumindest wieder mit Worten bewegen. Da die italienische Bankenkrise bis zu diesem Zeitpunkt natürlich nicht gelöst sein wird, werden die Anleger sicher versuchen, zwischen den Zeilen zu lesen. Wie wird sich der Italiener Draghi wohl äußern? Eine Zinssenkung erwarten wir nicht. Aber wieder einmal das Signal, dass die EZB „alles genau beobachten und das Notwendige tun werde“, um eine Eskalation einer Krise zu vermeiden. Das könnte die Märkte zumindest beruhigen und insbesondere Bankaktien stützen. Problematisch ist auch die Lage in den USA. Dort wird Fed-Chefin Janet Yellen am 27. Juli eine Zinsentscheidung bekanntgeben. Ihr Dilemma: Eigentlich rechnet kaum noch ein Beobachter mit einem Zinsschritt in diesem Jahr. Aber die jüngsten US-Wirtschaftsdaten waren relativ gut. Auch die Prognosen der Unternehmen sind gut. Der Druck auf die Fed, die Zinsen doch noch zu erhöhen, steigt also. Das wäre dann aber eine negative Überraschung, weil sich die Erwartung gewandelt hat. Auf der anderen Seite sehen wir nicht, dass der Dow noch viel Potenzial hat, selbst wenn sich die Fed nicht bewegt. Denn der Gier-Indikator ist schon wieder sehr hoch. Er notiert bei 86 von 100 Punkten. Auch die kreditfinanzierten Aktienkäufe liegen auf einem historischen Hoch. Die Börse kann dauerhaft aber nicht nur von billigem Geld leben. Das zeigt der Index indirekt auch an. Denn der Dow ist zwar auf ein neues Allzeithoch geklettert. Die Sektkorken knallten deswegen aber nicht. Nur punkteweise tastet sich der Dow höher. Es gibt nur wenig frisches Geld, das vor allem aufgrund guter Unternehmenszahlen in den Markt fließt.
Fazit: Die Kurs-Schwankungen bleiben hoch. Der DAX verharrt in seinem seit April 2015 bestehenden langfristigen Abwärtstrend. Auch Euro, Dollar, Öl und Gold bleiben in Halteposition. Nehmen Sie Gewinne in kurzfristig gut gelaufenen Positionen mit.