Währungen aus Westeuropa: Pfund muss weiter abwerten
Streit innerhalb der Bank von England
In der britischen Notenbank ist offener Streit um die Zinspolitik entbrannt. Notenbankchef Mark Carney sieht keinerlei Anlass für höhere Zinsen. Sein Chef-Volkswirt Andy Haldane widerspricht ihm keine 24 Stunden später via BBC und fordert Zinserhöhungen. Dieser Streit wird auch im geldpolitischen Komitee ausgetragen: Die jüngste Abstimmung ging mit 5:3 nur noch knapp zugunsten Carneys aus.
Der Konflikt zeigt an, dass die Wirtschaftspolitik in UK kaum mehr gute Optionen hat. Die vom Brexit-Beschluss ausgelöste Pfundschwäche heizt die Inflation an. Zuletzt, im Mai, wurden auf Konsumenten-Ebene 2,9% nach 2,7% (April) notiert. Die Lohnzuwächse von im Durchschnitt 2,1% bleiben dahinter zurück. Daher sinkt das Realeinkommen vieler Bürger. Das wiederum bremst den privaten Konsum und damit den größten Posten der Nachfrage aus.
Die Umsätze der Einzelhändler waren zuletzt überraschend rückläufig. Bei den Unternehmen sieht es noch schwieriger aus. Die Inputpreise steigen schon seit dem Herbst zweistellig (zuletzt +11,6%). Gleichzeitig liefern beim Output (Erlös) die zuletzt erzielten +3,6% einen Spitzenwert. Das bedeutet: Der kommende Brexit beginnt die Margen der Unternehmen auszuhöhlen. Das wiederum verschärft den schwachen Investitionstrend und die damit einhergehende miserable Produktivitätsentwicklung. Der naheliegende Mix aus straffer Geldpolitik (Inflationsbekämpfung) und expansiver Finanzpolitik (Nachfrageimpulse) verbietet sich. Denn der ohnehin seit den großen Bankenrettungen in der Krise 2008/9 enge Finanzspielraum wird durch den Brexit noch enger. Ratingagenturen und Märkte würden ihre Risikoeinschätzung und Finanzierungskonditionen drastisch verschärfen, wenn UK auf die bereits bestehende hohe Staatsverschuldung und das ohnehin hohe Leistungsbilanzdefizit mit noch größeren Staatsdefiziten draufsatteln würde.
Fazit: Das Pfund wird weiter abwerten müssen. Denn gerade durch den Brexit steigt die Bedeutung des Pfundkurses für die britische Wettbewerbsfähigkeit.
Die Inflationsrate bleibt schwach
Die Schweizer Währungshüter der SNB ließen auch im Juni die Ausrichtung ihrer Politik unverändert. Die Leitzinsen (Zielsatz 3-Monats-Libor) bleiben mit -0,75% (-0,25% bis -1,25%) negativ. Dies würzt die SNB mit der Klarstellung, dass sie bei Bedarf weiter gegen die eigene Währung intervenieren wird. Die Inflationsrate lag zuletzt etwas überraschend bei 0,5% (Konsens 0,3%). Damit ist sie aber immer noch auf sehr niedrigem Niveau. Die SNB nimmt in ihrer Inflationsprojektion jetzt noch 0,3% für 2017 und 2018 an. 2019 sollen es 1,1% werden.
Die Überbewertung des Franken hält an. Sie liegt den OECD-Maßen zufolge bei etwa 55% zum Euro. Die Belastung schlägt auf das Wachstum durch, das erste Quartal brachte annualisiert 1,1%. Für 2017 insgesamt sieht die SNB 1,5% voraus, da die positiven Impulse des Auslands nicht voll aufgenommen werden.
Fazit: Sofern nicht externe Ereignisse neue Wellen von Zuflüssen in den sicheren Hafen Schweiz auslösen, sollte der Franken seine Überbewertung langsam abbauen und leicht nachgeben.
Hohe Beschäftigung, wenig Lohndruck
Die Bautätigkeit und der Staat sorgen in Schweden für ein ordentliches und weiter anziehendes Wachstum. Es wird über die im 1. Quartal erzielten 2,2% noch hinausgehen. Die Einwanderung macht sich positiv bemerkbar. Sie schafft zusätzliche Nachfrage. Hinzu kommt ein positiver Effekt auf das Arbeitsangebot. Somit führt die steigende Beschäftigung nicht zu Lohndruck. Damit bleibt die Inflation schwach und die ultra-expansive Politik hält bis ins nächste Jahr hinein an. Positive Leitzinsen wird es wohl Anfang 2019 geben. Damit bleibt die Krone vorläufig unter Druck. Das treibt den Export und damit die Konjunktur weiter an. Zusätzliche Impulse dürfte der politische Kalender liefern: 2018 ist in Schweden Wahljahr. Es ist durchaus mit Wahlgeschenken zu rechnen, die die Konjunktur nochmals antreiben.
Fazit: Die Krone dürfte aufgrund der Zinsperspektive schwach bleiben.
Ende der Lockerungen
Norwegens Währungshüter blieben auf Kurs – und erzielten trotzdem Wirkung. Die Krone zog an. Denn es steht fest, dass die Leitzinsen von derzeit 0,5% nicht mehr gelockert werden – sofern keine externen Schocks dazu zwingen. Unterdessen hat sich die „Festlands-Wirtschaft“ – das ist alles außer Öl- und Gasförderung sowie Seeschifffahrt – von der Schwäche im Gefolge der eingebrochenen Öleinnahmen und dem zyklischen Tief der Investitionen erholt. Das 1. Quartal brachte rund 2,5% sektorales Wachstum. Zusammen mit den Offshore-Anteilen der Wirtschaft hob es den BIP-Zuwachs auf fast 1%.
Fazit: Der Zinseffekt auf die Krone wird nicht lange vorhalten. Der Einfluss des schwachen Ölpreises wird sich wieder bemerkbar machen.
6-Monats-Übersicht zu ausgewählten Währungen aus Westeuropa
Land | Währung/Zins | Aktueller Kurs | Ausblick 3 Monate | Ausblick 6 Monate | Prognose-sicherheit | |
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UK | GBP | 0,878 | 0,89 | 0,93 | neutral | |
3m-Zins | 0,30 | 0,32 | 0,25 | |||
Schweiz | CHF | 1,084 | 1,085 | 1,09 | sicher | |
3m-Zins | -0,73 | -0,75 | -0,75 | |||
Schweden | SEK | 9,768 | 9,7 | 9,7 | neutral | |
3m-Zins | -0,49 | -0,50 | -0,50 | |||
Norwegen |
NOK | 9,47 | 9,48 | 9 |
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3m-Zins | 0,86 | 0,90 | 0,95 |
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GBP: Der Druck des Brexit wird sich verschärfen
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CHF: Für den Franken ist keine nennenswerte Änderung der Trends erkennbar
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SEK: Die Reichsbank zähmt die Krone
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NOK: Die Krone profitiert vom Ölpreis