Wohlstand bei abnehmender Erwerbsquote
Die Erwerbsbeteiligung und mehr noch die Arbeitslosenquoten sind die Schlüsselindikatoren für die wirtschaftliche Gesundheit in den beiden kommenden Jahrzehnten. Das zeigt das Beispiel der USA. Das Land sitzt demografisch zwar nicht so tief in der Tinte wie Deutschland und weite Teile Europas. Jedoch treten demografische Entwicklungen dort bei uns um ca. 10 Jahre zeitversetzt ein.
Dabei geben die USA auf den ersten Blick einige Rätsel auf:
Gestiegene Erwerbsbeteiligung in allen Altersgruppen
Einerseits stieg die Erwerbsbeteiligung zwischen 2010 und 2019 in allen Altersgruppen.
Aber Erwerbsquote fällt dennoch
Dennoch sank die Erwerbsquote für die Gesamtbevölkerung ab 16 Jahren von 64,4% im Jahr 2010 auf 63,6% im Jahr 2019.
Auf die Wirtschaftsleistung hatte das dennoch keinen negativen Einfluss. Im Gegenteil: Das letzte Jahrzehnt war frei von Rezessionen. Von der Eröffnungsglocke im Januar 2010 bis zur Schlussglocke im Dezember 2019 stiegen der Dow Jones Industrial Average und der S&P 500 um 173,60% bzw. 189,35%. Das US-BIP stieg von 14,992 auf 21,433 Billionen US-Dollar.
Des Rätsels Lösung
Die Lösung des Rätsels: Im Laufe des Jahrzehnts überschritten immer mehr Menschen aus den geburtenstarken Jahrgängen (ab 1954) die „magische Schwelle“ von 65 Jahren. Von 2010 bis 2019 stieg der Anteil der Bevölkerung im Alter von 65 Jahren und älter auf nationaler Ebene von 13,1% auf 16,5%. Und ab 65 arbeitet eben auch in den USA nur noch rund ein Viertel der erwerbsfähigen Bevölkerung. Die Verschiebung der Alterskohorten über die „Erwerbsklippe“ bei 65 Jahren schlägt viel stärker zu Buche als der geringfügige Anstieg der Erwerbsbeteiligung bei den über 65-Jährigen.
Dieser negative Effekt wurde durch die Arbeitsmarktentwicklung überkompensiert. Die Arbeitslosenquoten gingen von 10,8% im Jahr 2010 auf 4,5% im Jahr 2019 zurück. Und das für jede Alterskohorte.
Deutlicher Rückgang der Arbeitslosigkeit
Entwicklung in Deutschland läuft zeitversetzt
In Deutschland gibt es zeitversetzt eine sehr ähnliche Entwicklung. 2020 waren hier bereits 22% der Bevölkerung 65 Jahre und älter. 2030 werden es dann 26% sein. Im vergangenen Jahrzehnt stieg der Anteil der über 65-Jährigen dagegen nur von 21% auf 22% an. 2019 waren hierzulande 8% der Menschen im Alter ab 65 erwerbstätig, so das Statistische Bundesamt. 2009 betrug ihr Anteil erst 4%.
Die Schlussfolgerung des BEA: Der demografische Wandel (und nicht die Wirtschafts- und Arbeitsmarktbedingungen) können der treibende Faktor für die Erwerbsbeteiligung und die Arbeitslosenquoten sein.
Fazit: Eine Anhebung des Rentenalters entlastet zwar die Rentenkasse, weil sie einer Rentenkürzung gleichkommt. Wirtschaftlich bringt sie nicht so viel. Viel wichtiger ist eine hohe Erwerbsquote bzw. niedrige Arbeitslosenquote bei den unter 65-Jährigen.