Finanzregulatoren nehmen BigTech fest in den Blick
BigTech rückt ins Blickfeld der Finanzaufsichtsbehörden. Gemeint sind vor allem die großen fünf US-Konzerne Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft bzw. deren Muttergesellschaften. Der Grund: Man befürchtet ein baldiges Eindringen in klassische Finanzdienstleistungsfelder, die bisher von den stark regulierten Banken ausgeübt werden. Die Entwicklung, so schilderte es gestern Tobias Adrian, Finanzberater und Direktor der Abteilung für Geld- und Kapitalmärkte beim IWF, könnte ähnlich verlaufen wie im Cloud-Segment: Schnell könnte eine starke Abhängigkeit bei einzelnen Finanzdienstleistungen von einigen wenigen Playern entstehen, die dann außerhalb des Eingriffsbereichs der Regierungsbehörden lägen.
Laut einer Umfrage der Bank of England aus 2020 verlassen sich mehr als 70% der Banken und 80% der Versicherer bei IaaS (Infrastructure as a Service) auf nur zwei Cloud-Anbieter. Weltweit werden 52% der Cloud-Dienste von nur zwei BigTech-Unternehmen bereitgestellt, mehr als zwei Drittel der Dienste werden von vier BigTechs bereitgestellt. Der Finanzdienstleistungssektor ist also schon jetzt stark von BigTech abhängig. Diese haben einen unschätzbaren Vorteil, wenn sie neue Märkte angehen: BigTechs können ihr Wissen über Verbraucherpräferenzen aus ihren anderen Geschäftsbereichen wie Konsumverhalten und Kreditwürdigkeit nutzen, um Kunden Finanzdienstleistungen anzubieten, die von traditionellen Kreditgebern möglicherweise unterversorgt sind.
BigTech ist (noch) "regulierungsfrei"
Das Problem: BigTech unterstehen nicht der Finanzmarktaufsicht. Der Hebel dabei ist, die BigTech als systemrelevant einzustufen. Hier aber haben die Regulierer das Beispiel der großen Vermögensverwalter und Versicherer vor Augen: Die Benennung von Nichtbanken als systemrelevante Finanzinstitute („SIFI“) ist dort am starken Widerstand der Branche gescheitert. Und den Regulierern ist bewusst, dass es lange dauern würde, diese der Finanzmarktaufsicht zu unterwerfen – zumal dies international geschehen müsste. Einheiten und Funktionen sowohl des Schattenbankensystems als auch des BigTech-Ökosystems können ihren Hauptsitz und ihre Hauptaktivitäten problemlos in andere Rechtsordnungen verlagern, in denen die Vorschriften weniger robust sind.
Andererseits zielen bestehende Regulierungsrahmen (wie Open Banking) darauf ab, den Wettbewerb zu erleichtern. Das kann unbeabsichtigte Folgen haben. Es könnte einen einseitiger Datenfluss entstehen, der es BigTechs erleichtert, größere Marktanteile zu erobern. Die G-7 streben jetzt Richtlinien an, die die internationale Konsistenz der BigTech-Operationen über Grenzen hinweg fördern sollen.
Fazit: Es ist nur eine Frage kurzer Zeit, bis BigTech in den Finanzdienstleistungssektor eingreift – durch Aufkäufe von FinTechs, deren Technologien dann mit den eigenen Datenbeständen verbunden werden. Die Bankenbranche muss sich ebenso wie die Regulierer auf einen heißen Tanz und wachsende Risiken durch Marktkonzentration einstellen