FUCHSBRIEFE-Untersuchung: Grüne Geldanlagen haben ein strukturelles Zinsproblem
Viele Nachhaltigkeits-Fonds haben ein strukturelles Zins-Problem, das jetzt virulent wird. Das Problem wird durch ihr Analyse- und Selektionsmuster ihrer Kapitalanlagen ausgelöst. Denn um ein Portfolio mit einem möglichst geringen CO2-Fußabdruck zu strukturieren, setzen viele Ökofonds-Manager auf einen hohen Anteil an Tech-Titeln. Das ergibt eine Auswertung der FUCHSBRIEFE bei der Analyse von 25 nachhaltigen Aktienfonds. Zusammengenommen haben die 25 Fonds ein Volumen von 13,08 Mrd. Euro.
Das strukturelle Übergewicht der Tech-Titel in Öko-Fonds wird angesichts der Zinswende in den USA zum Problem. Auslöser ist die US-Notenbank Federal Reserve, die kräftiger als vom Markt erwartet als Reaktion auf die steigende Inflation ihre Geldpolitik strafft. Viele der hoch- und überbewerteten Tech-Aktien wurden davon heftig getroffen. Denn Tech-Aktien laufen besonders gut bei sehr geringen Zinsen. Steigen die Zinsen, werden Finanzierungen teuer und der in die Zukunft abgezinste Bewertungsaufschlag des zu erwartenden Wachstums verliert.
Kein Fonds schlägt den DAX
Den nachhaltigen Fonds wurde der Jahresauftakt dadurch gehörig verhagelt. Ein Portfolio aus allen von uns in die Untersuchung einbezogenen Fonds (gleichgewichtet) hätte per 28.01. eine Monatsrendite von -9,46% ausgewiesen. DAX-Anleger verbuchen hingegen gerade mal -3,4%, der EuroStoxx gab um -4,7% nach und der Dow Jones um -6,4%. Etwa auf dem gleichen Niveau wie das breite Nachhaltigkeits-Portfolio liegt der MSCI World Index: -9,42% seit Jahresbeginn. Der amerikanische Tech-Index Nasdaq sackte sogar um -14,4% ab.
Die Monatsrendite der untersuchten Fonds liegt zwischen -4% und -14,2%. Damit rentiert nicht ein untersuchter Fonds besser als der DAX. 13 Fonds (also mehr als die Hälfte) weisen zudem eine negative Rendite von mehr als -10% auf.
Anleger mit nachhaltigen Fonds stehen überproportional unter Druck
Wir sehen uns damit in unserer Einschätzung vom Jahresanfang bestätigt (vgl. FB vom 03.01.2022). Damals empfahlen wir Ihnen ein Umschichten in „solide“ Aktien etwa aus dem Bereich Versorgung oder Telekommunikation, sowie die Suche nach sicheren Häfen bzw. alternativen Anlageregionen.
Insbesondere nachhaltige Anleger sollten angesichts der anstehenden Zinsschritte in den USA überlegen, in ihren Portfolios umzuschichten. Die Schwäche der Tech-Titel wird noch fortbestehen. Die Börsen lassen derzeit Luft ab – doch noch ist die Preisblase weit aufgebläht. Unsere Berechnungen zeigen (vgl. Kap vom 27.01.2022), dass der S&P 500 noch 30% seines Wertes verlieren könnte, um wieder sein fundamental gerechtfertigtes Bewertungsniveau zu erreichen. Nachhaltige Portfolios werden durch den Abgabeabdruck im Tech-Sektor besonders leiden.
Top und Low-Performer
Am „besten“ rentiert unter den von uns untersuchten Fonds der BMO Responsible Global Emerging Markets (ISIN: LU 015 335 963 2, 1-Monats-Rendite: -4%). Dieser Fonds ist zwar auch zu über 20% in Tech-Aktien investiert, profitiert aber von seiner regionalen Konzentration auf Schwellenländer wie China (26,85%), Indien (21,09%) oder Hongkong (12,59%), deren Unternehmen unter der sich straffenden Geldpolitik in Amerika und Europa weniger leiden.
Triodos mit guter Performance
Verhältnismäßig geringe Verluste weisen auch der Aktienfonds der Nachhaltigkeitsbank Triodos (ISIN: LU 027 827 241 3, 1-Monats-Rendite: -6,1%) der ERSTE Bank (ISIN: AT 000 064 597 3, 1-Monats-Rendite -6,1%) oder der Gutmann Bank auf (ISIN: AT 000 0A1 5M7 5, 1-Monats-Rendite: -6,5%) auf. Ihr gemeinsamer Nenner liegt im relativ geringen Tech-Anteil im Portfolio.
Das Performance-Schlusslicht bildet der Variopartner - Tareno Global Water Solutions (ISIN: LU 031 977 347 8, 1-Monats-Rendite -14,2%). Danach folgen der LBBW Global Warming R Fonds (ISIN: DE 000 A0K EYM 4, 1-Monats-Rendite -13,7%) und der ÖkoWorld ÖkoVision der Umweltbank (ISIN: LU 006 192 858 5, 1-Monats-Rendite: -13,5%). Insbesondere die Fonds von Variopartner und der LBBW sind sehr Tech- und Amerika-lastig.
Die Untersuchungsmethodik
Welche Fonds wurden in die Auswertung aufgenommen? Wir haben uns in unserer Untersuchung auf Fonds konzentriert, die entweder das deutsche FNG-Siegel, das österreichische Umweltzeichen oder das französische Greenfin Label tragen. Die drei Siegel entwickeln sich in ihren Ländern zum Branchenstandard für nachhaltige Geldanlage und setzen vergleichbare Maßstäbe an die Fonds an. Eine Ausnahme für diese Siegel-Regelung bestand, wenn es Fonds von einer expliziten Nachhaltigkeits-Bank waren – in unserer Auswertung waren das Fonds der Globalance Bank, Triodos und der Umweltbank.
Zudem musste die Aktienquote bei allen Fonds ähnlich sein. Fonds, die zu weniger als 80% in Aktien investiert sind, haben wir nicht aufgenommen. Schließlich mussten die Fonds auch zum Vertrieb in Deutschland zugelassen sein.
Viele verschiedene Anbieter
Ein Augenmerk haben wir auch darauf gelegt, dass kein Fonds-Emittent mit mehreren Fonds vertreten ist. Neben Nachhaltigkeitsbanken waren auch ein Nachhaltigkeitsfonds der DWS (Fondsgesellschaft der Deutschen Bank), von Raiffeisen, avesco, der HSBC oder der Kathrein Bank in unserer Untersuchung vertreten. Der kleinste Fonds ist der Hamburger Nachhaltigkeitsfonds (ISIN: DE 000 DK0 EF6 4, 1-Monats-Rendite: -6,8%) mit einem Fondsvolumen von 9 Mio. Euro. Der größte Fonds ist der Mirova Europe Environmental Equity (ISIN: LU 091 473 305 9, 1-Monats-Rendite: -10,5%) mit einem Fondsvolumen von 3,16 Mrd. Euro.
Fazit: Das Ergebnis der FUCHSBRIEFE-Untersuchung zeigt ein Paradoxon auf. Denn etliche nachhaltige Fonds haben ein Übergewicht in Tech-Werten zur CO2-Reduktion. Die US-Zinswende verhagelt diesen Unternehmen freilich nicht ihren geringen CO2-Fußabdruck, aber den Aktien die Performance. Nachhaltige Anleger sollten ihre Fonds darum strukturell auf den Prüfstand. Je taktischer die Anleger agieren, desto eher sollten sie sich von nachhaltigen Fonds mit Tech-Schwergewicht trennen. Hinweis: In der Online-Ausgabe finden Sie weitere Deatails zu unserer Untersuchungsmethodik und eine Tabelle mit allen untersuchten Fonds.