Der ehrbare Kaufmann
1852 gründete Hermann Lampe das Bankhaus in Minden, jener Stadt an der Weser, über die Heinrich Heine einst launig dichtete, "Minden ist eine feste Burg/ Hat gute Wehr und Waffen/Mit preußischen Festungen hab ich jedoch/Nicht gerne was zu schaffen". Ein Fels im positiven Sinn scheint das Bankhaus mit seiner 160-jährigen Geschichte allemal zu sein, und abschrecken will es keinesfalls. Vom nach der Krise 2008 angeschlagenen Ruf des Bankgewerbes will man nichts wissen, sondern weiter an einem Leitbild festhalten, das im globalisierten „High-Speed-Kapitalismus" Sicherheit und Verlässlichkeit schaffen soll. Das gefällt uns; aber ob damit auch gute Erträge zu erzielen sind?
Mit zwei Weltkriegen und der deutschen Teilung hat das Bankhaus Lampe schon manchem Sturm standgehalten. Mit der Währungsreform 1949 wurde es von einer offenen Handelsgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Mehrheitsgesellschafter war lange die Bielefelder Unternehmer-Legende Rudolf-August Oetker. Das führte zur Verlegung des Firmensitzes an dessen Standort Bielefeld.
Heute hat das Haus Niederlassungen in Düsseldorf, Münster, Berlin, Frankfurt/Main und München. Übernahmen erweiterten das Netz; 1968 kam das Bankhaus Erich Sültz in Hamburg hinzu, 1998 wurde die Frankfurter Bankgesellschaft gegr. 1899 AG eingegliedert. Die Filiale in Stuttgart kam erst 2007 dazu und ist damit noch vergleichsweise jung. Dort, in der zentral gelegenen Büchsenstraße 28, werden wir vorstellig.
Einer der letzten Maßschneider am Markt?
Eine Tendenz zur Standardisierung lassen zumindest die im Internet einsehbaren Informationen Zur Vermögensverwaltung nicht erkennen. Ein gutes Anlagekonzept, steht da zu lesen, berücksichtige neben der Vermögensgröße unsere Renditevorstellung und unser persönliches Sicherheitsbedürfnis. Auf diesen Eckpfeilern beruhten der individuelle Beratungsansatz und ein individuell strukturiertes Portfolio mit variablen Aktien-/Rentenquoten und weiteren Anlageklassen sowie alternativen Investments. Wir lesen innerhalb eines Wimpernschlags zweimal das Wort „individuell" und nehmen mit hohen Erwartungen Kontakt auf.
Der Kunde und sein Anliegen
Aus einem Vermächtnis steht uns in naher Zukunft ein Anlagebetrag in Höhe von einer Million Euro zur Verfügung. Erfahrung mit Geldanlage haben wir nicht, dafür aber eine klare Zielvorstellung. Unser Forschungsprojekt wurde von einer renommierten englischen Universität für ein Masterprogramm angenommen, und wir möchten die Chance nutzen, diesen Traum nun zu verwirklichen. Deshalb möchten wir zwei Jahre lang nicht auf Erwerbseinkünfte angewiesen sein, sondern monatlich 1.500 Euro Nettorendite zur vollständigen oder größtmöglichen Sicherung unseres Lebensunterhaltes „abzapfen".
Wir möchten wissen, ob das Geld auch für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum so angelegt werden kann, dass dieses Ziel erreicht wird. Das Stammkapital soll jedoch soweit es geht erhalten bleiben. Höchstens 20% Verlust möchten wir hinnehmen, um mit dem verbleibenden Kapital mittelfristig – ganz unseren schwäbischen Wurzeln entsprechend – Wohneigentum zu erwerben.
Besonders interessieren wir uns für das Thema nachhaltige Anlagemöglichkeiten. Dazu haben wir uns schon ein wenig informiert und möchten unser Kapital nicht in den Händen ethisch fragwürdiger Unternehmen oder Regierungen wissen.
Der telefonische Erstkontakt
Die Kontaktaufnahme verläuft sehr unkompliziert. Nach so manchem bereits erlebten telefonischen Spießrutenlauf stimmt uns das dem Haus gegenüber auf Anhieb positiv. Unser Ansprechpartner erfragt lediglich die Anlagesumme, um zu einem passenden Berater zu verbinden.
Mit dem Berater entwickelt sich ein angeregtes, sympathisches und recht langes Gespräch. Er stellt konkrete Rückfragen nach Vorstellungen, geht detailliert auf unser Thema „Nachhaltigkeit" ein, erfragt vorab unsere Risikobereitschaft. Am Gespräch werde noch ein zweiter Berater teilnehmen, erfahren wir. Ob wir eine Zusammenfassung dieses ersten Gesprächs lieber per Post oder per Mail erhalten möchten? Per Mail wäre uns lieber. Wir möchten diese doch bitte durchsehen, bestätigen, ob alles richtig erfasst wurde oder gegebenenfalls korrigieren.
Die Zusammenfassung erhalten wir pünktlich. Auf immerhin neun ansprechend gesetzten Seiten ist bereits ausführlich erfasst, was die Ausgangssituation ist und unsere Ziele sind. Die Gesprächspartner sind vorgestellt, auch eine Anfahrtsskizze fehlt nicht. Mustergültig!
Zudem erfahren wir, dass es sich bei dem zweiten Berater, einem Portfoliomanager, um einen Spezialisten in Sachen Nachhaltigkeit handelt. Wow, da zieht jemand sogar einen Experten für unser „Herzensthema" hinzu – das ist bislang einmalig. Die nach der Recherche hohen Erwartungen werden bisher sowohl erfüllt als auch weiter befeuert. Wir freuen uns auf den Termin!
Das Gespräch mit dem Berater/den Beratern vor Ort
Am Tag des Gesprächs stehen wir vor einem alten Steingebäude. Erbaut wurde es 1908, wie wir im Gespräch erfahren. Im Beratungszimmer fühlen wir uns sofort wohl. Sehr dezent eingerichtet, bodenlange Vorhänge, die die Höhe des Raums unterstreichen, neutrale Wände, indirekte Beleuchtung. Auf einem von Ledersesseln umgebenen Massivholztisch thront ein Tulpenstrauß. Keine Topfpflanze, keine Gemälde – schlicht, minimalistisch und doch nobel. An den Konferenzraum grenzt ein weiterer Raum mit einem offenen Kamin, Vitrinen mit Porzellan, Jagd- und Schlachtszenen. Uns werden Kaffee, Wasser, Saft und Kekse angeboten.
Die Agenda wird gleich zu Anfang vorgestellt. Die Berater werden sich und das Bankhaus vorstellen, danach werden unsere Vorstellungen und Zielsetzungen besprochen. Anschließend stehen die Anlageprinzipien des Hauses und in unserem speziellen Fall unter besonderem Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit auf dem Programm. Ein zielgerichteter und geradliniger Einstieg in das Gespräch, wir haben einen guten Eindruck, was uns erwartet.
Unsere Berater
Der Nachhaltigkeitsspezialist eröffnet die Vorstellungsrunde und reißt das Thema Nachhaltigkeit kurz an: Dies bedeute ja für jeden etwas anderes. Man richte den Blick auf Geschäftsmodelle, die Behandlung der Mitarbeiter, die Unternehmensethik, Umweltaspekte, langfristige Planung und eine "reine Weste". Der Berater selbst ist von Hause aus kein Banker, sondern Mathematiker und kam über die EDV zu Bankwesen und Portfoliomanagement. In der Nachhaltigkeitsabteilung befassten sich zwei Kollegen mit Aktien und zwei mit Anleihen. Das Thema hat beim Bankhaus Lampe viel Raum.
Der Berater, den wir bereits vom Telefon kennen, ist nach einer klassischen Karriere mit Banklehre und BWL-Studium sowie Zertifizierung als Financial Planner heute stellvertretender Abteilungsdirektor. Seine Aufgabe sei es, in der Vermögensplanung die Koordinatoren-Rolle auszufüllen und je nach Kundenanliegen Spezialisten einzubeziehen.
Beide sind noch relativ neu beim Bankhaus Lampe, verkörpern aber die Leitlinie der individuellen Vermögensplanung sehr glaubwürdig. Danach wird uns die bereits vorgestellte Agenda noch einmal schriftlich ausgehändigt.
Unsere Werte und die des Hauses: Große Schnittmenge
Zum Haus erfahren wir, was wir zum Teil schon von der Website wissen. Das Schlagwort vom „ehrbaren Kaufmann" fällt auch hier. Großinvestoren und Hedgefonds meide man. Das Haus werde von persönlich haftenden Geschäftsführern geleitet – heißt: bei Vermögensschäden haften sie mit ihrem Privatvermögen. Auch deshalb sei man bei allen Finanzskandalen wie Lehman etc. „außen vor gewesen", betonen die Berater. Man mache nicht alles, was es in der Finanzwelt gebe, strebe eine „positive Konservativität" an und sei sehr auf Langfristigkeit bedacht.
Die Kunden seien dementsprechend mittelständische Familienunternehmen, sowie vermögende Privatpersonen und Familien, denen man partnerschaftlich zur Seite stehe. Mit Know-how wolle man Kunden stärken und bekomme dafür auch genügend Zeit vom Haus: „Wir müssen nicht jedes Quartal eine riesige Gewinnausschüttung machen", erwähnt der Berater. Das Unternehmen solle auch in 50 Jahren noch gut dastehen und seinen guten Namen unter allen Umständen behalten, man folge deshalb keinen kurzfristigen Trends.
Wir vergeben gedanklich weitere Sympathiepunkte, denn damit holen die Berater uns bei unseren eigenen Werten ab. Auch wenn wir wissen, dass ohne Gewinn kein (technischer) Fortschritt möglich ist. Und ohne den geht's halt auch nicht.
Die Bank möchte uns kennenlernen
Nun sind wir am Zug. Auf Nachfrage erzählen wir unsere Geschichte. Beide Berater sind sehr interessiert an Inhalt und Art des Aufbaustudiums und unserer Fachrichtung, leiten von da geschickt über: Wie es denn um unsere Vorkenntnisse in Sachen Finanzmärkte und Geldanlage bestellt sei? Etwas eingeschüchtert murmeln wir etwas von "Niveau Wirtschaftsteil Tageszeitung". Wir wissen, was eine Aktie vs. eine Anleihe ist, bekommen mit, wenn der Leitzins erhöht wird oder Börsenturbulenzen die Nachrichten erreichen. Ob wir schon einmal ein Wertpapier erworben haben? Nein, noch nie. Darüber nachgedacht, aber dann nicht getraut...
Die Berater möchten wissen, ob wir für den Immobilienkauf unser gesamtes Kapital einsetzen möchten. Wollen wir nicht – höchstens 30%. Wir möchten keine Luxusimmobilie, sondern eine schlichte, selbst genutzte kleine Wohnung als Schutz vor den steigenden Mieten und als Teil unserer Altersabsicherung.
Heikle Themen
Wir nähern uns dem Themenbereich, den wir nach leidvoller Erfahrung nur allzu gern umschiffen möchten: Der Herkunft des Gesamtkapitals von zwei Millionen, das auf zwei Häuser verteilt werden solle. Wie es um die Versteuerung bestellt sei? Macht unser Steuerberater. Wenn wir das möchten, höre man sich gern nach einem Spezialisten um, bietet der Berater an.
Nun möchte er wissen, ob wir uns trotz unseres noch verhältnismäßig jungen Alters schon Gedanken über eine Nachfolgeregelung gemacht haben. Haben wir, das ist für uns auch kein Tabuthema. Sofern wir ohne Nachkommen bleiben, würden wir gern eine Stiftung unterstützen. Dafür bekommen wir sozusagen ein Bienchen. Sehr löblich, meinen beide Berater, vor diesem Thema drückten sich auch gestandene Unternehmer. Auch hier helfe man gern mit der Erfahrung des Hauses, falls es Gesprächsbedarf gebe. Beispielsweise seien die Freibeträge höher, wenn Kinder von Eltern erbten als andersherum, bei Nicht-Verwandten seien sie sogar noch niedriger.
Besonderheiten unserer Situation im Mittelpunkt
Der Berater leitet zu unserer Erleichterung von den Minenfeld-Themen zum Auslandsaufenthalt über. Er habe sich schon einige Gedanken zum Thema Studium in England gemacht, gerade vor dem Hintergrund des anstehenden Brexits, führt er aus. Der eigentliche Austritt erfolge im März 2019, während einer zweijährigen Übergangsphase würden jedoch alle bisherigen gesetzlichen Regelungen weiter gelten. Er hat uns dazu einen Artikel ausgedruckt, sich offensichtlich gewissenhaft in das Thema eingearbeitet. Das freut uns, denn bei dieser Sache haben wir einige Bedenken.
Wir ergreifen die Gelegenheit, die vielzitierte Erfahrung des Hauses zu nutzen, und fragen nach der Einschätzung des Währungsrisikos. Die hauseigenen Volkswirte gingen davon aus, dass das Pfund wieder stärke werde, klärt er uns auf. Wir sollen einen Puffer einplanen, vielleicht 1.600 oder 1.650 Euro/Monat. Sollten wir dann nicht zum jetzigen Kurs Pfund "hamstern"?
Hier schaltet sich der Nachhaltigkeits-Berater ein, der sich nach der Vorstellung bislang zurückgehalten hat. Das sei nicht unter allen Umständen sinnvoll, aber man werde sich zu dieser Frage noch einmal Gedanken machen. Als nächstes steht sein Spezialgebiet, das Thema Nachhaltigkeit, auf unserer Agenda.
Nachhaltigkeit als Top-Thema
Er übernimmt mit einer kurzen Einführung zu den großen globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Demographie, Ressourcenknappheit. Bei Investitionen müssten Unternehmen zukünftige Ressourcen im Auge behalten, ressourcenschonendes Arbeiten werde zu einer wichtigen Unternehmenskennzahl.
Auch als Anlagekriterium rücke Nachhaltigkeit mehr und mehr in den Fokus. Der Berater zieht ein Schaubild in der Präsentation heran, um uns zu verdeutlichen, dass sie nicht im Widerspruch zur Profitabilität stehe. Der Chart stellt MSCI World und MSCI World SRI einander gegenüber und zeigt, dass der Nachhaltigkeitsindex sich seit einiger Zeit besser entwickelt.
Er erwähnt einige große Unternehmen und deren jüngste Skandale. Bei Siemens zum Beispiel habe sich das noch nicht so sehr im Kurs niedergeschlagen. Heute koste ein solcher Rufschaden mehr Geld und Zeit, wirke sich daher stärker auf den Kurs aus. Deshalb sehe man anhand der beiden Graphen in den letzten vier Jahren, dass sich Nachhaltigkeit mehr und mehr auszahlt. Dies gelte zwar nicht für alle Branchen, sei aber eine deutliche Tendenz.
Zukunftsperspektiven
Selbst Rohstoff- und Energiesektor setzten mehr und mehr auf Nachhaltigkeit. Typische Rohstoffkonzerne seien natürlich immer noch problematisch; aber es gebe auch andere Beispiele: z. B. Biodiesel aus Lebensmittelresten statt Raps (Neste, Finnland), Verpackungslösungen (Smurfit Kappa, Irland), Wasserreinigung (Xylem, USA). Solche zukunftsorientierten Unternehmen seien interessant.
Inzwischen folgen sowohl der andere Berater als auch wir dem Referat mit größtem Interesse – auch für ihn ist das in dieser Ausführlichkeit offensichtlich Neuland. Sein Kollege führt weiter aus, dass auch die klassischen Kennzahlen solcher innovativen Unternehmen ihrem Ansatz Recht gäben. Man halte im Portfoliomanagement Nachhaltigkeit nach Unternehmen Ausschau, denen es gelingt, Ökologie, Ethik, Sozialverhalten UND Marktperspektiven in Einklang zu bringen. Das werde sich im Anlagevorschlag spiegeln.
Wir sind von dieser detaillierten Ausführung beeindruckt. Mit unserem SRI-Wunsch sind wir hier eindeutig richtig, scheint uns, und der Berater versteht es, anschaulich und gut zu begründen, wie unsere ethischen Vorstellungen und unser Renditewunsch miteinander in Einklang gebracht werden sollen.
Zuviel des Guten
Dummerweise fangen wir allmählich an, um unseren Folgetermin zu bangen, denn der Themenkomplex Nachhaltigkeit nimmt unerwartet viel Zeit in Anspruch. Das finden wir zwar gut, aber unser Zeitlimit hatten wir erwähnt, und ein bisschen was würden wir gern noch zur Anlagestrategie hören. Da haben wir die Rechnung allerdings ohne unseren Fachmann gemacht, der sehr in seinem Element ist und begeistert weitererzählt:
Viele skandinavische Unternehmen und Banken seien in Sachen Nachhaltigkeit sehr weit. Svenska Handelsbanken habe als eine der ersten Banken die Einzahlung von Boni in Altersvorsorgemodelle veranlasst, um kurzfristigen Mitnahme-Interessen ihrer Manager entgegenzuwirken. Man plane im Haus einen Beirat aus Fachleuten, die Zukunftsszenarien frühzeitig erkennen, die das Gesicht ganzer Branchen verändern (ein Beispiel sei z.B. die Atomenergie.) Das ist zwar alles total interessant, aber wir bitten um eine Straffung. Um 14 Uhr haben wir eine Verabredung.
Ein weiterer Exkurs
Damit gelingt es uns, zumindest für eine Weile zur Anlagephilosophie vorzudringen. Schließlich interessieren uns Kosten, Renditeerwartung, Asset Allocation...
Kapitalerhalt habe Vorrang vor spekulativer Gewinnmaximierung, und man verstehe Nachhaltigkeit ökologisch UND ökonomisch. So lehne man zum Beispiel die Spekulation mit Agrarrohstoffen ab, achte auf langfristige, solide Aussichten anstelle von kurzfristigen Anreizen durch Dividenden und lege Wert auf Transparenz. Mit dem Kunden vereinbare man eine Höchstgrenze für Aktien. Eine breite Streuung, sei wichtig. Man agiere auch nicht in einer "Öko-Nische", sondern investiere in nachhaltig wirtschaftende Unternehmen in allen Branchen... womit wir wieder beim Thema wären und mitten in der nächsten Runde eines ausführlichen und interessanten, aber den Rahmen eines Erstgespräches sprengenden Vortrags. Unsere Aufnahmefähigkeit an diesem heißen Tag gerät langsam etwas an ihre Grenzen.
Anlage- und Nachhaltigkeitskriterien
Transparenz schaffe man durch einen klaren Fokus auf Investitionen in Einzelwerte, zumindest im Aktienbereich. Anders verhalte es sich bei den Anleihen: durch die hohen Stückelungen sei kaum Diversifikation möglich, die EZB "fische" fast alles Hochwertige ab, daher setze man hier eher auf Fonds.
Neben eigenen Kriterien habe man auch Ausschlusskriterien für die Auswahl von Unternehmen. Dabei handelt es sich um kontroverse Geschäftsfelder (Beispiele Tabak, Pelze, Glücksspiel, Atomenergie, Rüstung, Uranhandel, Pornographie) kontroverse Geschäftspraktiken (eklatante Verstöße/Vorfälle z.B. in den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsschutz oder Korruption) sowie eine kontroverse Länderpolitik (Todesstrafe, Diskriminierung, Geldwäsche, Atomwaffen). So verzichte man z.B. aufgrund der Todesstrafe auf US-Staatsanleihen. Man achte auch darauf, wie Unternehmen sicherstellten, dass ihre Standards auch von ihren Zulieferern eingehalten werden.
Er erläutert noch das oekom-Anlageuniversum (ein Rating von Unternehmen und Staaten nach sozialen und ökologischen Kriterien) und den Investmentprozess für Aktien und Anleihen unter dem Gesichtspunkt Nachhaltigkeit, wobei wir uns in immer höherem Tempo durch zahlreiche Seiten der Präsentation arbeiten.
Allmählich wird klar, dass sich die beiden in Sachen Zeitrahmen etwas verkalkuliert haben. Allerdings deshalb, weil sie ihre Hausaufgaben einfach sehr gründlich gemacht haben. Das ist lobenswert und freut uns, aber letztlich sprengt es den Rahmen. Das Thema Nachhaltigkeit nimmt über eine Stunde ein. Das ist bei allem Interesse viel zu viel Information und kaum aufnehmbar. Wir fühlen uns etwas erschlagen und geraten unter zunehmenden Zeitdruck. Das bringt in ein eigentlich erstklassiges Gespräch leider den nachteiligen Aspekt „Stress". Wir sitzen inzwischen seit zwei Stunden und 15 Minuten zusammen. Für die Zahlen und Fakten der Anlagestrategie bleiben uns jetzt noch zehn Minuten, und wir sind kaum noch aufnahmefähig. Weniger ist mehr.
Anlagephilosophie
Unser Hauptberater entreißt seinem passionierten Kollegen – möglicherweise aufgeschreckt durch unsere Blicke auf unsere Armbanduhr – den Gesprächsfaden und kommt auf die Kosten zu sprechen. WENN man Instrumente wie Fonds nutze, erläutert er uns, dann entstünden daraus keine Gebühren. Es gebe keinerlei versteckte Kostenebenen oder Kosten dritter Parteien. Den Anleihenfonds emittiere man selber, man verdiene keine Provisionen: "WENN wir Finanzinstrumente nutzen, dann nicht um zusätzliche Gebühren zu verstecken," erklärt er uns.
Strukturierte Produkte meide man gänzlich. Man wolle keine „Verpackungen", nur was man verstehe. Nur die Anleihen, die bekämen eben nochmal einen „Mantel" wenn sie ins Depot kommen...
Unser Ziel und die Handlungsoptionen
Der Berater nimmt das Worst-Case-Szenario vorweg. Wir betrachten als erstes einen Stresstest für ein Portfolio. Unsere 20%-Schmerzgrenze wäre seit 1999 einmal überschritten worden – 2008. Die nächste Folie der Präsentation zeigt den Wertaufholungszeitraum für diesen Maximalverlust bei verschiedenen Aktien-/Anleihenverhältnissen. Das soll uns zeigen, was im schlimmsten Fall passieren kann.
Da sowohl unsere als auch die Mentalität des Hauses eher risikobewusst ist, ist so etwas aber doch hoffentlich unwahrscheinlich? Haken wir nach. Das ist es, aber eine Kristallkugel habe eben keiner, und man müsse darüber informieren, gerade bei der Schnelllebigkeit der Märkte. Nun sind wir, nach weit über zwei Stunden, beim Kern der Sache angelangt: der Herleitung der Mindestrendite. Die monatliche Entnahme ist für 1.000, 2.000, 3.000 Euro durchgespielt – die Bank hat das telefonische Vorgespräche optimal zur Vorbereitung genutzt und unsere Vorstellungen durchgerechnet. Die Varianten keine sowie 1.000, 2.000 oder 3.000 Euro Entnahmen bedeuten demnach 3,85%, 6,29%, 7,10% bzw. 8,73% notwendige Bruttorendite, wenn eine Inflation von 1,7%, Kosten inkl. MwSt. von 1,13% sowie Abgeltungsteuer und Soli einberechnet werden.
Was lange währt...: Die Kosten
Und was kostet uns das Ganze? Eine All-in fee in Höhe von 0,95% zzgl. MwSt. p.a. Die Inflation setzt Lampe mit 1,7% an. Wir müssen 6,28% Bruttorendite erzielen, um nach Kosten, Inflation und Steuern unser Ausschüttungsziel zu erreichen. Aber: Selbst bei einer Aktienquote von 100%, die im krassen Widerspruch zu unserer Risikoneigung (und der des Bankhauses Lampe steht) könne man nicht nachhaltig über 6% erwirtschaften, so der Berater. Sein Fazit: „Es gibt einen Zielkonflikt ."
Man könne nicht versprechen, unsere Ziele vollumfänglich zu erreichen, erfahren wir. Es gebe aber verschiedene Stellschrauben: Man könne auf den realen Kapitalerhalt verzichten, die Inflation also nur unvollständig ausgleichen. Alternativ könne man die Auszahlung der benötigten Summe aus dem Kapitalstock erwägen und den Rest „vorsichtiger" anlegen. Schließlich könne man auch das Risiko erhöhen. Was wäre denn für uns am ehesten denkbar?
Hektisches Gesprächsende
Ein etwas höheres Risiko – maximal 25% – finden wir vom Bauchgefühl her noch tragbar, möchten aber doch darüber schlafen. Abstriche beim Inflationsausgleich auch. Der Berater notiert sich das für den Anlagevorschlag und fragt, ob wir noch einmal 20 Minuten telefonieren können. Hm, ungern – wir sind jetzt inzwischen bei zwei Stunden und 45 Minuten plus Vorgespräch. Wir haben mit Lampe mehr Zeit verbracht als mit anderen Anbietern. Das Haus wird seinem Anspruch, sich viel Zeit für einen individuellen Vorschlag zu nehmen, in vollem Umfang gerecht, aber irgendwo müssen wir die Grenze ziehen.
Er redet weiter. Wenn wir die Aktienquote auf 70% erhöhen, entspreche das bereits einer Verlusttoleranz von 35%. Haben wir chinesisch gesprochen? Das ist nicht aktuell, da WEIT über unserer gesetzten Grenze. Unser Eindruck: Hier sind wir zwar mit unserem Nachhaltigkeitsanspruch genau richtig, müssen aber Abstriche in anderen Punkten machen. Das wäre uns eine Überlegung wert, aber jetzt müssen wir erst einmal gehen.
Uns wird eine Gesprächszusammenfassung versprochen, auf die wir uns freuen, immerhin war viel Interessantes dabei. Der Berater setzt noch einmal an, zu erklären, welche Szenarien im Anlagevorschlag stehen werden. Wir wiederholen zum vierten Mal (unter der Tür!) dass wir gehen müssen. Geplant waren zwei Stunden. Unser Berater gibt sich nicht geschlagen: "Nur noch ganz kurz..." Nein. Wir müssen los. JETZT. Also, eigentlich vor 20 Minuten. Das gute Gespräch und die bis dahin klare Struktur leiden etwas unter dem hektischen Abschluss, auch wenn uns soviel Engagement Respekt abnötigt.
Die Betreuung nach dem Gespräch
Die Betreuung nach dem Gespräch ist so einwandfrei wie die davor. Fünf Tage nach dem Termin erhalten wir von unserem Berater eine mit der PDF-Version der Präsentation (die hatten wir uns zusätzlich zur gedruckten in digitaler Form gewünscht): „Wie gewünscht, senden wir Ihnen mit dieser Nachricht sehr gerne die Gesprächsunterlage im PDF-Format. Die Zahlen auf Folie 34 haben wir bereits an Ihre Wunschauszahlung angepasst." Das Gesprächsprotokoll werde man bis Ende der Woche zusenden. Genau da traf es auch ein, ebenso wie die Zusammenfassung des Telefongesprächs fehlerfrei und übersichtlich. Inzwischen an sehr hohe Standards der Ausarbeitungen gewöhnt, freuen wir uns auf den Anlagevorschlag, denn da ging uns in der Endphase des Gesprächs zu viel drunter und drüber.
Der Anlagevorschlag aus der Sicht des Kunden
Der Anlagevorschlag ist aus der Sicht des Laien sehr gut strukturiert und enthält ein besonderes – auf Neudeutsch – „Feature": Eine Einschätzung zum britischen Pfund und der daraus resultierenden "Handlungsoptionen für die finanzielle Planung". Auf einer Seite "An was Sie noch denken sollen" finden sich Hinweis zum Thema norwegische vs. deutsche Erbschaftssteuer, Vorsorgevollmachten usw. Die Bank hat auch den Alternativvorschlag zur gewünschten Ausschüttung integriert: "Sollten Sie sich dafür entscheiden, aus diesem Kapital die Hälfte der benötigen Mittel in GBP (13.800 EUR) bereits jetzt in Währung zu tauschen, würde die benötige monatliche Auszahlung (bezogen auf die 24 Monate Studiendauer) entsprechend auf 925 EUR pro Monat sinken."
Klare Ansage zum Zielkonflikt
Das Bankhaus Lampe leitet die Mindestrendite aus den besprochenen Zielen mit und ohne Inflation her und kommt dabei auf 6,29% vs. 3,98% Bruttorendite, skizziert kurz das Marktumfeld und kommt dann für beide Renditeerwartungen zur Sache. Im ersten Fall beträgt die Aktienquote 60% und die Rentenquote 40%, im zweiten ist es umgekehrt. Im ersten Portfolio liegt die Verlustquote "teilweise" höher als 20%, aber das Renditeziel ist erfüllt, im zweiten liegt die Verlustquote bei maximal 20%, aber das Ausschüttungsziel wird nicht erreicht. Der genannte Zielkonflikt wird also nicht so wirklich aufgelöst.
Besprochene nachhaltige Titel wie Smurfit Kappa finden wir wieder. Auch die schwedische Boliden AB, eine Bergbaugesellschaft, die uns aus unserer Zeit in Schweden etwas sagt. Ob die wirklich so nachhaltig wirtschaftet wie sie im Eigenmarketing erzählt, war damals aber auch umstritten. Die im Gespräch für uns etwas unklare „Ummantelung" bei den Renten ist noch einmal gut erläutert.
Ein Vorschlag mit Fokus auf unseren Wunsch nach Nachhaltigkeit
Für uns als Laien ist der Wille erkennbar, unserem Nachhaltigkeitsthema eine hohe Priorität einzuräumen. Gut, denn anderswo fiel es zum Teil zur Gänze unter den Tisch – es ist also KEIN Vorschlag von der Stange. Dafür haben wir keine vollständige Auflösung des Zielkonflikts, die andere (nun ja, auf dem Papier!) durchaus hinbekommen haben. Das ist ehrlich und wird dem "ehrbaren Kaufmann" gerecht. Und für die Umsetzung unserer Nachhaltigkeitsinteressen würden wir in Erwägung ziehen, bei Rendite- oder Risikozielen Abstriche zu machen. Die Bank hat also ganz gut erkannt, wo das Herz schlägt und zudem einen selbst für Finanzamateure gut verständlichen Vorschlag unterbreitet.
HINWEIS: Dieses Bankenporträt beruht auf den Eindrücken aus einem individuellen Erstberatungsgespräch, das ein zuvor geschulter Testkunde durchgeführt hat. Die wiedergegebenen Eindrücke wurden während des Gesprächs oder unmittelbar danach schriftlich protokolliert. Subjektive Wahrnehmungen lassen sich nicht ausschließen. Der Testkunde hat sich zur Neutralität gegenüber dem getesteten Institut verpflichtet. Die Bewertung wurde nach einem festen Schema vorgenommen, das die Private Banking Prüfinstanz erstellt hat. Es beruht auf der jahrelangen – wissenschaftlich untermauerten – Beschäftigung mit dem Thema Beratungsqualität im Private Banking durch die Private Banking Prüfinstanz, Dr. Richter | IQF und Ralf Vielhaber | Verlag FUCHSBRIEFE.
2018 | Qualifikation | Die Stiftungskompetenz des Pizzabäckers | im Shop |
2018 | Qualifikation | Beeindruckende Stiftungskompetenz | im Shop |
2017 | Beauty Contest | Stiftungspräsentation Bankhaus Lampe: Betont flexibel | im Shop |
2017 | Qualifikation | Bankhaus Lampe KG: Eine Eins mit Minus für Stiftungsangebot | im Shop |
2016 | Beauty Contest | Sprachlich nicht immer „on track" | im Shop |
2016 | Qualifikation | Lampe zeigt sich als Nachhaltigkeitsspezialist | im Shop |
Adresse der Bankniederlassung / Webseite
Bankhaus Lampe KG, gegr. 1852, Büchsenstraße 28; 70174 Stuttgart Deutschland
https://www.bankhaus-lampe.de
MEHR INFORMATIONEN ZU TOPS 2019
Vermögende wollen gut beraten werden. Ebenso wichtig ist aber, dass das anvertraute Kapital solide verwaltet und vermehrt wird. Der Markt der Vermögensverwaltung ist intransparent. Getreu unserem Motto „Wir machen Qualität transparent" verfolgt das Performanceprojekt der Private Banking Prüfinstanz genau dieses Ziel.
Das Bankhaus Lampe nimmt ncoh nicht am FUCHS PERFORMANCE PROJEKT von Dr. Jörg Richter und Verlag FUCHSBRIEFE teil.
Uns liegen keine Informationen zu Verfahren oder Rechtsstreitigkeiten mit Private Banking Kunden vor. Die Bank gibt keine Selbstauskunft und füllt den Transparenzfragebogen nicht aus. Die Vertrauensampel des Trusted Wealth Managers steht daher nicht auf Grün.
Sie haben Anmerkungen zu diesem Thema? Kontaktieren Sie unsere Redaktion jetzt über redaktion@fuchsbriefe.de – wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung!
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Fazit
Kein anderer Anbieter geht so detailliert auf spezifische und recht komplexe Anforderungen in unseren Zielsetzungen ein (Währungsrisiko vor dem Hintergrund von Brexit, steuerlicher Umgang mit dem Vermächtnis eines in Norwegen ansässigen Erblassers.) Das Bankhaus Lampe beweist dabei Research-Kompetenz und interne Expertise. Hier nimmt man sich für den Kunden auch in Zeiten von MiFID II, DSGVO und sonstigen Richtlinien mit Mehraufwandsgarantie noch wirklich Zeit. Wer Individualität will, ist bei dieser Bank an einer guten Adresse. Die Berater verkörpern die Philosophie des Hauses sehr glaubwürdig, sind in ihren Themen engagiert, passioniert und reißen mit. Wie immer gilt jedoch auch hier: Allzu viel ist ungesund. Für ein Erstgespräch sind knappe drei Stunden einfach zu lang, zu viele Exkurse und der entstandene Zeitdruck lassen die ansonsten hervorragende Struktur am Ende einbrechen. Es fällt schwer, dem Musterschüler ausgerechnet für die Fleißarbeit Punkte abzuziehen, aber daran muss das Haus noch etwas arbeiten, um sich nicht im Gespräch zu verzetteln.
HINWEIS: Die erreichte Gesamtpunktezahl sowie den Vergleich mit rund 100 weiteren Anbietern lesen Sie im November in „TOPs 2019".